458 II. Der exekutive Polizeibeamte.
unbenutzbar gewordene Wohnung aufzugeben, macht sich der Nötigung im Sinne
von §.240 Str.G.B. schuldig, auch wenn der Mieter über die vertragsmäßige Dauer
hinaus die Wohnung ohne Recht inne hat. Die wegen solcher Vorkommnisse auf
grund des Nötigungsparagraphen eingetretenen Bestrafungen sind bekannt. Der
Polizeibeamte hat sich diese Grundsätze des bürgerlichen Rechts einzuprägen, um
nicht gelegentlich falscher Ratserteilung oder gar strafbarer Beteiligung an der
Straftat (Nötigung) eines andern sich schuldig zu machen. Ein Vermieter, der auf
solche Weise gegen seinen Mieter verfahren war, bezog sich auf den dahingehenden
Rat, welchen ihm ein Gendarm, was dieser nicht abstreiten konnte, erteilt hatte.
Daß ein Fall der im § 229 des B. G. Bs. vorgesehenen erlanbten Selbsthilfe vor-
liege, wird selten eintreten („Wer den Widerstand des Verpflichteten gegen
eine Handlung, die derselbe zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht wider-
rechtlich, wenn obrigkeitliche Hülfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges
Eingreifen die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder
wesentlich erschwert werde“). Daß bobrigkeitliche Hülfe nicht sofort zu erlangen
ist, mag öfter sich ereignen. Daß aber die Gefahr besteht, die Verwirklichung der
Wohnungsräumung werde vereitelt oder wesentlich erschwert werden, wird in der
Praxis seltener nachweisbar sein. Macht sich der Vermieter einer Nötigung oder
eines Versuchs derselben gegenüber dem Mieter schuldig, so hat der Polizeibeamte
einzuschreiten, vor allem etwa erforderliche Maßregeln, z. B. Wiedereinsetzung der
ausgehobenen Türen und Fensterflügel oder Unterbringung des Mieters in einen
geschützten Raum, zu treffen und durchzuführen sowie Anzeige zu erstatten. Ob die
Justizbehörden einen Beschuldigten wegen dessen Unkenntnis des bürgerlichen Rechtes
im weiteren Verlaufe eines Verfahrens nicht anklagen oder ihn freisprechen, hat den
Polizeibeamten nicht zu kümmern. In solchen Fällen liegt unbedingt eine erhebliche
Gefahr für den Verletzten vor, welche der Polizeibehörde zum Einschreiten Anlaß
bietet (vergl. Band 2, Formularbuch, Seite 99, Nummer 41).
Pfandentstrickung. & 239 Str. G. B.
Am meisten gibt dem Polizeibeamten die Verletzung des § 289 des Str. G. Bs.
(sogenannte Pfandentstrickung) Gelegenheit, im Verhältnisse von Mieter und Ver-
mieter tätig zu werden. Hierzu sind Kenntnisse des bürgerlichen Mietrechtes un-
entbehrlich.
Wesentliche Bestimmungen aus dem Mietsrecht des Bürgerl. Gesetzbuchs.
Pfandrecht des Vermieters.
Nach § 559 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Vermieter eines ganzen
Grundstückes oder einer einzelnen Wohnung für alle seine Forderungen aus dem
Mietsverhältnisse, vor allem für den Mietzins und für Schädenforderungen, z. B. wegen
Mißbrauchs und Beschädigungen, ein Pfandrecht an den eingebrachten, d. h. in der
ermieteten Wohnung oder sonst innerhalb des Grundstücks (z. B. im Garten und Hofe)
befindlichen Sachen des Mieters. Mieter ist derjenige, welcher schriftlich oder mündlich
den Mietvertrag für seine Wohnung abgeschlossen hat, bei Eheleuten also im Zweifel