488 II. Der exekutive Polizeibeamte.
zehnten Lebensjahre pecciert hat, selbst nachträglich um Zubilligung eines bedingten
Strafaufschubs, so haben die Strafvollstreckungsbehörden noch die Entscheidung der
erkennenden Gerichte herbeizuführen. Den erkennenden Gerichten ist also neuerdings
ein schwerwiegender Einfluß eingeräumt worden.
Gründe für Gewährung des bedingten Strafaufschubs im Einzelfalle.
Die Genehmigung des bedingten Strafanfschubs ist an die Höhe der erkannten
Freiheitsstrafe nicht grundsätzlich gebunden. Es ist aber selbstverständlich, daß Fälle,
welche die erkennenden Gerichte durch Verhängung einer hohen Strafe als besonders
schwere kennzeichnen, sich zur Befürwortung einer Bewährungsfrist kaum eignen.
Andererseits werden Fälle, wo eine ganz kurze, nur nach wenigen Tagen bemessene
Freiheitsstrafe erkanut ist, ausscheiden, wenn eine jahrelange Ungewißheit mit der
kurzen Strafe in keinem Verhältnisse stehen würde. Solchen Strafen vermag das
Gnadenrecht des Landesherrn besser zu begegnen. Auch eine Vorbestrafung mit
Freiheitsstrafe hindert an sich nicht, daß bedingter Strafaufschub erteilt werde, wenn-
schon eine Vorstrafe, insbesondere wegen einer ähnlichen Tat, oder sonstiges übles
Vorleben von ausschlaggebender Bedeutung zu ungunsten des Verurteilten sein
können. Eine weitere Voraussetzung bildet, daß bei jugendlichen Verurteilten
zu ermitteln ist, ob sie sich in einer Umgebung oder überhaupt in
Verhältnissen befinden, die ihre Besserung nicht schon von vorn-
herein aussichtslos erscheinen lassen, und ob nicht etwa das eigene
Interesse des Verurteilten oder eines Angehörigen der Maßregel
entgegensteht. Es könnte gerade der Wunsch vorhanden sein, daß die Strafe
ohne Aufschub verbüßt wird, damit die Ungewißheit, ob sie noch zu verbüßen sein
werde, nicht das Fortkommen des Verurteilten schädige. Ein solcher Fall liegt ins-
besondere vor, wenn das gestellungspflichtige Alter eines jungen Mannes in die
Bewährungsfrist fallen würde. Da nach dem Reichsmilitärgesetz ein zu Freiheits-
strafe oder zu einer in Freiheitsstrafe umzuwandelnden Geldstrafe rechtskräftig
Verurteilter vor Vollstreckung oder Erlaß der Strafe nicht zum Dienste in
das Heer oder die Marine eingestellt werden kann, so würde der Verurteilte
durch Hinausschieben seiner Militärzeit oft in seiner ganzen Zukunft geschädigt
werden können.
Vor allem sollen die strafmündigen Kinder und Jugendlichen tunlichst vor
Abbüßung der ersten Freiheitsstrafe bewahrt bleiben, weil sie nachteilig auf ihr Ehr-
gefühl und auf ihren von schlechten Menschen, mit welchen sie während der Straf-
verbüßung zusammenkommen müssen, leicht ungünstig zu beeinflussenden Charakter
wirken und auch sonst ihr späteres Fortkommen schädigen kann. Natürlich muß der
Straffall so geartet sein, d. h verhältnismäßig ein so leichter sein, daß die eben
geschilderten schlechten Wirkungen, welche möglicher Weise eintreten können, mit der
von der Abbüßung der Strafe zu erwartenden Wirkung auf den Verurteilten in
einem Mißverhältnisse stehen. Das wird vor allen Dingen bei Strafen vorliegen,
die sich nach wenigen Tagen, wenigen Wochen oder wenigen Monaten bemessen.