Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

498 II. Der exekutive Polizeibeamte. 
Hauses oder seiner Wohnung veranstalten würde, um seine Freude über den Auszug 
auszudrücken. Andre symbolische Beleidigungen werden durch Gebärden be- 
gangen, zum Beispiel durch unberechtigte Drohung mit der Faust, durch die Gebärde 
des Schlagens mit der Hand, durch Herausstecken der Zunge, Drehen einer Nase, Aus- 
spucken. Die Ausbietung einer ausgeklagten Forderung in der Zeitung unter Namhaft- 
machung des Schuldners ist bei korrekter Form nicht strafbar. Wer eine ehrverletzende 
Handlung unter dem vorgegebenen Namen eines anderen verübt, beleidigt auch diesen 
anderen. Die Aufforderung des trauenden Geistlichen an die deflorierte Braut, den 
Brautkranz abzulegen, ist in Ausübung berechtigter kirchlicher Zucht straflos geblieben. 
Eine Mahnung zur Bezahlung einer Schuld auf offener Postkarte ist beleidigend, 
wenn der Gläubiger seinen Schuldner hierdurch bloßstellen wollte. Der Ehebruch 
mit einer Ehefrau kann eine Beleidigung des Mannes sein. 
3. Der Täter gibt den anderen in einer Weise dem Spotte und der Lächer- 
lichkeit preis, welche zugleich Nichtachtung der Ehre ausdrückt. Nicht jede humo- 
ristische Karikatur (Kladderadatsch, Simplizissimus), Ironie oder Sarkasmus gehören 
hierher. Wer sich über einen anderen nur lustig macht, um ihm einen Irrtum 
nachzuweisen oder ihn in der Gesellschaft wegen gewisser Fehler (Eitelkeit, vorlautes 
Wesen) zu korrigieren, ist straffrei. Wer dagegen eines anderen körperliche Gebrechen, 
um ihn zu verhöhnen, nachahmt, beleidigt. Auch der Vorwurf der Häßlichkeit kann 
in beleidigender Form auftreten. Das sogenannte „Veralbern“ eines anderen, zum 
Beispiel eines Polizeibeamten, devote Verbeugungen oder unbegründetes überlautes 
Lachen gegenüber seinen Anordnungen, kann eine Beleidigung enthalten. 
4. Der Täter vergleicht oder stellt den anderen mit niedrigen oder gering 
geschätzten Wesen oder Gegenständen gleich oder macht ihm den Vorwurf eines ver- 
achteten Standes. Hierher gehört die Belegung mit Schimpfworten, zum Beispiel 
mit Namen aus dem Tierreiche, von niedrig stehenden Völkerschaften usw. Der 
Vorwurf, jemand sei ein Jude oder ein Sozialdemokrat, ist nicht ohne weiteres, 
sondern nur dann beleidigend, wenn Verachtung zum Ausdrucke kommt. Beleidigend 
ist die Behauptung, jemand habe einen Wasserkopf. Wird eine geistige Leistung, 
zum Beispiel die Rede eines Staatsmannes, mit der Leistung eines an sich ehrbaren 
Gewerbes, zum Beispiel eines Schornsteinfegers, wird ein Richter hinsichtlich seiner 
Rechtskenntnisse mit einem Rechtskandidaten verglichen, so ist objektiv eine Beleidigung 
angenommen worden. 
5. Der Täter bezichtigt den anderen durch allgemeine Beschuldigungen, ohne 
bestimmte Tatsachen anzuführen, unmoralischer oder niedriger Handlungen oder mißt 
ihm verbrecherische beziehungsweise unsittliche Eigenschaften oder Gesinnungen bei, 
zum Beispiel man dürfe dem anderen nicht über den Weg trauen, man müsse sich 
vor ihm hüten; der andere sei ein gemeiner, niedriger Mensch, er gehöre ins Ge- 
fängnis oder ins Zuchthaus. Spielt der Vorwurf auf eine konkrete Tatsache an, 
so liegt der Tatbestand von § 186 vor. Wer einen anderen Lügner nennt oder 
in anderer Form des Lügens zeiht, beleidigt, wenn er nach seinem Bildungsgrade 
den Unterschied zwischen lügen und die Unwahrheit sagen versteht.
	        
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