3. Schwerer Diebstahl
mittels falschen
Schlüssels. Geständnis.
§§ 242, 243 Ziff. 8 des
Str. G. Bs.
1. Diebstahl. 13
Görlitz, den 12. Dezember 1904.
Der im hiesigen Bahnhofsrestaurant angestellte
Oberkellner Franz Oskar Gebauer zeigte heute
hier an, daß ihm in der Zeit von gestern morgen bis
abends 11 Uhr aus dem verschlossenen Fache des
im Restaurant 1. und 2. Klasse stehenden Buffets
ein Einhundertmarkschein, den er gestern morgen in
der 9. Stunde noch gesehen habe, gestohlen worden
sei. Das Fach habe er stets, wenn er es geöffnet
gehabt, ordnungsgemäß wieder verschlossen.
Verdacht sprach der Anzeigeerstatter gegen
den am 17. Mai 1882 in Mainz geborenen
Kellner Heinrich Max Günther,
ebenfalls auf dem Bahnhofe in Stellung,
deshalb aus, weil dieser im Restaurant der 3. Klasse,
wo jener bediene, während er, Gebauer, in der 1. und
2. Klasse bediene, ebenfalls im Fache eines Büffets
sein Geld aufbewahre und er, Gebauer, heute
morgen probiert habe, daß die Schlüssel beider
Büffets ganz gleich sind und gegenseitig schließen.
Jedenfalls habe dies Günther gewußt und so den
Diebstahl ausgeführt. Den Hundertmarkschein, einen
Reichskassenschein, habe er aber in Günthers Büffet
nicht gefunden.
Der Versuch mit den beiden Büffetschlüsseln,
welche von Gebauer und Günther auf meine Auf-
forderung vorgelegt wurden, ergab tatsächlich, daß
jeder Schlüssel beide Büffets schließt. Insbesondere
kann man mit Günthers Schlüssel das Fach in
Gebauers Bäffet öffnen, in welchem dieser den
Kassenschein verwahrt gehabt hat.
Nach kurzem Leugnen gab Günther zu, den
Kassenschein aus Gebauers Fach, welches er mit
seinem Schlüssel geöffnet habe, weggenommen zu
haben, um das Geld für sich zu behalten. Er
räumte auch ein, gleich in dieser Absicht Gebauers
Fach geöffnet zu haben. Er unterhalte mit einer
Verkäuferin ein Liebesverhältnis, welches ihm viel
Geld koste; deshalb habe er sich das Geld ver-
schaffen wollen. Ausgeführt habe er den Diebstahl