Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

16. Taschendiebstahl mit 
zwei Helfershelfern. 
§§ 242, 47 bez 4V d. Str. G. Bs. 
I. Diebstahl. 43 
Ich ließ mir nunmehr Mannls Finger zeigen, 
was er nur widerwillig tat, und bemerkte an dem 
Mittelfinger seiner rechten Hand, mit der er gerade 
den Flügel an der Stelle der Blutspuren hat an- 
fassen müssen, eine frische Schnittwunde. Mannl 
wurde verlegen und meinte, die habe er sich heute 
früh beim Brotschneiden zugezogen. 
Hierauf nahm ich allein, weil Gefahr im Verzuge 
war, eine Durchsuchung von Mannls Bett vor, in dem 
ich ebenfalls an der Bettdecke und auf dem Betttuche 
frische, noch hellrote Blutspuren fand. Nunmehr 
sagte ich Mannl auf den Kopf zu, daß er überhaupt 
nicht bestohlen worden sei, sondern den Diebstahl 
fingiert habe. Sofort eilte seine Ehefrau aus der 
Stube hinaus und kam nicht wieder zum Vorschein. 
Nach kurzem Leugnen und Beteuern seiner 
Unschuld gestand aber Mannl ein, daß er die 
Anzeige wider besseres Wissen erstattet habe, weil 
er das Vereinsgeld zum Bezahlen von Schulden für 
sich verwendet habe und bis zum geplanten Sommer- 
vergnügen keinen Ersatz leisten könne. Er habe 
seit Ostern angefangen, die Vereinsgelder nach und 
nach in Einzelbeträgen von fünf bis zu zehn Mark 
für sich zu verwenden; von den 90 Mark sei gar 
nichts mehr vorhanden. Er gab zu, den Fensterflügel 
ausgehangen und in seiner Küche die eine Scheibe 
eingeschlagen, sich aber beim Hereintragen in die 
Wohnstube, ohne es zu bemerken, am Mittelfinger 
der rechten Hand an einem Glassplitter geschnitten 
zu haben. Seine Ehefrau habe von allem Kenntnis. 
Ich erstatte gegen Mannl wegen falscher An- 
schuldigung nach § 164 und wegen Unierschlagung 
nach § 246 des Str.G.Bs. hiermit Anzeige. 
Dresden, den 6. Juni 1904. 
Wegen der in letzter Zeit wiederholt in Dresden 
vor belebten Straßenschaufenstern vorgekommenen 
Taschendiebstähle, deren Urheber zu ermitteln bisher 
noch nicht gelungen war, hatte ich Befehl, am letzten 
Sonnabend den 4. Juni von Nachmittags 5 bis 
8 Uhr auf hiesiger Wilsdrufferstraße zu patroullieren
	        
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