Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

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II. Unterschlagung. 63 
nicht verkehre und spreche, gar nicht erfahren, daß 
diese den Ring verloren habe. 
Auf Vorhalt, daß die Söhlmann gegenteilig 
behaupte, die Geißler kenne ihren Ring von früher 
her ganz genau, sagte die Beschuldigte: die Söhlmann 
hätte sie nach dem Ringe fragen müssen; sie habe 
nicht nötig, ihr den Ring nachzutragen. 
Auf weiteren Vorhalt, ob sie nicht wisse, daß 
gefundene Gegenstände im Werte von über 3 M. 
an die Polizei abgeliefert werden müßten, erklärte 
die Beschuldigte, sie habe diese Gesetzesbestimmung 
nicht gekannt. Daß der Ring mehr als 3 Mark 
gekostet habe, wisse sie. Sie habe den Ring nicht 
behalten, sondern nur einstweilen tragen, auf Nach- 
frage aber jederzeit herausgeben wollen. Wie sie 
sich gedacht habe, daß die Verlustträgerin gerade bei 
ihr den Ring habe suchen sollen, konnte die Geißler 
nicht angeben. 
Auf meinen Einwand, daß sie den Ring wieder- 
holt getragen habe und auch heute trage, damit 
aber die Absicht, ihn für sich zu behalten, offenbart 
habe, erklärte die Geißler, sie habe geglaubt, die 
Söhlmann habe den Ring absichtlich weggeworfen 
und wollte von ihm nichts mehr wissen, weil Sonntag 
die Beziehungen zu ihr gelöst habe und ietzt, wie 
die Söhlmann zu ihrem Arger wisse, ein Verhältnis 
mit ihr, der Geißler, führe. Auf meinen Vorhalt, 
es sei kaum glaubhaft, daß die Söhlmann einen 
immerhin wertvollen Ring wegwerfe, erklärte die 
Geißler noch, Sonntag, dem sie von dem Funde 
Mitteilung gemacht habe, sei auch der Meinung 
gewesen, daß die Söhlmann sich des Ringes aus 
„Verachtung“ gegen ihn entäußert habe, und habe 
ihr selbst geraten, den Ring ruhig zu behalten und 
zu tragen. 
Der Markthelfer Sonntag, von mir, ehe die 
Geißler mit ihm sprechen konnte, befragt, bestritt 
ausdrücklich, zu wissen, daß die Geißler den der 
Söhlmann s. Z. geschenkten Ring, der ihm tatsächlich 
10 M. gekostet habe, gefunden, und ihr gar den 
Rat gegeben zu haben, ihn zu tragen. Sonntag 
scheint aber nicht die Wahrheit zu sagen. 
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