Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

IV. Erpressung. 69 
Zeuge Großmann gab hierzu folgendes an: 
Er habe sich vor etwa einer Stunde in der 
oberhalb des Gondelhafens am Zeughausplatze ge- 
legenen öffentlichen Bedürfnisanstalt befunden, um 
daselbst sein Wasser abzuschlagen. Als er kaum 
eingetreten sei, habe sich der verhaftete Hoffmann, 
den er bereits vor dem Pissoir stehend gesehen, neben 
ihn gestellt und, um anscheinend ebenfalls sein Wasser 
abzuschlagen, seinen Geschlechtsteil auffällig weit 
entblößt, so daß er — Großmann — diesen habe 
sehen können und sehen müssen. Sein Wasser habe 
aber Hoffmann trotz einigen Verweilens nicht abge- 
schlagen. Als nun er, Großmann, ohne eine Wort 
zu sagen, an jenem vorübergegangen sei, habe sich 
Hoffmann mit entblößtem Geschlechtsteile nach ihm 
umgekehrt und auf denselben weisend, gesagt: „Gefällt 
der Ihnen nicht? Für zwanzig Mark können Sie 
sich viel leisten.“ Ohne ein Wort zu sagen, habe 
er aber das Pissoir verlassen. 
Da sei ihm Hoffmann aber alsbald nachge- 
kommen und habe sich ihm wiederholt in aufdringlicher 
Weise angeboten. Ihm sei die Sache auf der 
belebten Straße fatal gewesen und er habe dem Hoff- 
mann zugerufen, er solle machen, daß er fortkomme. 
Hoffmann, den er bis dahin noch nie gesehen, sei 
aber immer einige Schritte hinter ihm hergegangen 
und habe gesagt: „Wenn Sie mir nicht zwanzig 
Mark geben, zeige ich Sie beim nächsten Gendarm 
an.“ Diese Worte habe Hoffmann von Zeit zu 
Zeit wiederholt. 
Weil es ihm, Großmann, fatal gewesen sei, 
mit einem solchen Menschen in Berührung zu kommen, 
habe er sich durch die Rampischestraße, über den 
Neumarkt, die Moritzstraße, König-Johannstraße, den 
Altmarkt, die Wilsdrufferstraße, über den Postplatz, 
in die Zwingeranlagen begeben, immer sei der 
Unbekannte hinter ihm hergelaufen. Da er etwas 
nervös sei und der Sache habe ein Ende machen 
wollen, habe er in den einsamen Zwingeranlagen dem 
Unbekannten ein silbernes Fünfmarkstück auf den 
Erdboden hingeworfen mit der Aufforderung, ihn 
nunmehr in Ruhe zu lassen. Hoffmann habe das
	        
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