VIII. Urkundensälschung. 91
vor der Aushändigung des Geldes mit Bernhard
Bayer in Straches Gegenwart eigenhändig unter-
schriebene Quittung auszuhändigen. Danach ist
Bayer gegangen, um seine Sachen zu holen, ist
aber nicht wieder erschienen. Strache vermutet da-
her, einem Betrüger in die Hände gefallen zu sein.
Durch die von Strache abgegebene Personen=
beschreibung wurde bei Fülve ermittelt, daß am
5. d. M. ein Unbekannter nach Stellung als Haus-
diener usw. nachgefragt, sich Bayer genannt und
Zeugnisse auf diesen Namen besessen, diese aber nicht
aus den Händen gegeben, deshalb auch von Fülve
keine Stellung zugewiesen erhalten habe. Es sei
aber leicht möglich, daß er vorher beim Warten ge-
hört habe, daß Fülve andere Personen an Strache
gewiesen, und diese Kenntnis benutzt habe. Fülve
will gleich Verdacht geschöpft haben, daß die Zeug-
nisse gefälscht seien.
Beim Begehen der Herbergen wurde heute in
der hiesigen Zentralherberge
der am 16. Mai 1870 in Mainz geborene,
aus den hiesigen Polizeiakten K 7641 bekannte
wohnungslose Arbeiter und Hausdiener
Ludwig Robert Keun
als der angebliche Bayer ermittelt. Die Ermittelung
erfolgte dadurch, daß Kenn, der mir unter diesem
Namen persönlich bekannt ist, von einigen anderen
Bayer genannt wurde. Er führte auch zwei Zeugnisse
auf den Namen Bernhardt Bayer mit sich, welche
gefälscht sein müssen, da Kenn zu den Zeiten, zu
welchen er inhaltlich der Zeugnisse in Frankfurt a. M.
und Leipzig als Hausdiener in Stellung gewesen
sein will — vom 1. Oktober 1902 bis 28. Mai
1904 — in Hoheneck Strafe wegen Betrugs und
Urkundenfälschung verbüßt hat. (S. Bl. 16 u. 23
der Akten.) Die auf den Zeugnissen befindlichen
Stempel erweisen sich ohne weiteres als gefälscht, sie
sind so blaß, daß sie eine Behörde schwerlich aus
der Hand geben wird. Sie sind offenbar von einem
echten Stempel auf Hektographenmasse übertragen und
von dieser auf die falschen Zeugnisse abgedruckt worden.