Mißbrauch des Versammlungs- und Vereinigungsrechts. 69
§ 6. Sobald ein Abgeordneter der Polizeibehörde die Versammlung
für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflichtet, sich sofort zu ent-
fernen. Diese Erklärung kann nötigenfalls durch die bewaffnete Macht zur
Ausführung gebracht werden.
§ 7. Niemand darf in einer Versammlung bewaffnet erscheinen, mit
Ausnahme der im Dienste befindlichen Polizeibeamten.
§ 8. Für Vereine, welche bezwecken, politische Gegenstände in Ver-
sammlungen zu erörtern, gelten außer vorstehenden Bestimmungen nachstehende
Beschränkungen:
a) sie dürfen keine Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge als Mit-
glieder aufnehmen;
b) sie dürfen nicht mit anderen Vereinen gleicher Art zu gemein-
samen Zwecken in Verbindung treten, insbesondere nicht durch
Komitees, Ausschüsse, Zentralorgane oder ähnliche Einrichtungen
oder durch gegenseitigen Schriftwechsel.
Werden diese Beschränkungen überschritten, so ist die Ortspolizeibehörde
berechtigt, vorbehaltlich des gegen die Beteiligten gesetzlich einzuleitenden
Strafverfahrens, den Verein bis zur ergehenden richterlichen Entscheidung
(§ 16) zu schließen.
Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen den Versammlungen
und Sitzungen solcher politischen Vereine nicht beiwohnen. Werden dieselben
auf die Aufforderung des anwesenden Abgeordneten der Obrigkeit nicht ent-
fernt, so ist Grund zur Auflösung der Versammlung oder der Sitzung
(§§ 5, 6) vorhanden.
Der § 8b ist für inländische Vereine ausgehoben durch Reichsgesetz
vom 11. Dezember 1899, betreffend das Vereinswesen.
(R.G.Bl. 1899, S. 699.)
Einziger Artikel.
Inländische Vereine jeder Art dürfen mit einander in
Verbindung treten. Entgegenstehende landesgesetzliche Be-
stimmungen sind aufgehoben.
§ 9. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel bedürfen der
vorgängigen schriftlichen Genehmigung der Ortspolizeibehörde.