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Formularbuch.
auch sie sich einer körperlichen Untersuchung zu unter-
ziehen habe, gab die Graf nach kurzem Leugnen zu,
daß nicht sie, sondern ihre Schwester den Knaben
geboren habe und noch nähre.
Der Leutnant von Briesen habe sie gebeten, die
Schwangerschaft der Alster zu verheimlichen, er habe
auch die Wohnung bei der Sommer gemietet und
mehrere hundert Mark für ihre Schwester her-
gegeben. Da sie, Eheleute Graf, keine Kinder
hätten, sich solche aber sehr wünschen, und ihnen
auch das kleine Wesen, welches als uneheliches Kind
ein schweres Fortkommen haben würde, leid getan
habe, hätte sie sich mit ihrem Manne entschlossen,
das Kind als ihr eheliches Kind auszugeben. Ihr
Mann habe es auch so beim Standesamt angemeldet.
Die Alster sei damit einverstanden gewesen. Die
Graf habe sich, um den Eindruck der Schwangerschaft
zu erwecken, Tücher unter die Röcke über den Leib
gestopft.
Graf, ebenfalls zur Sache befragt, versuchte
zunächst zu leugnen, gab aber auf Vorhalt der
Beweisergebnisse die Darstellungen seiner Frau und
seiner Schwägerin als richtig zu. Er ist sich nach
seinem ausdrücklichen Geständnisse auch darüber klar
gewesen, daß er einen falschen Eintrag in das
Geburtsregister bewirkt hat.
Hierauf wurden Graf und die Alster, letztere
um das Kind nähren zu können, wieder entlassen,
während die Graf zur Vermeidung von nachträglichen
Kollussionen bis zur Wiederholung ihrer Geständnisse
zu richterlichem Protokolle vorläufig in Haft be-
halten wurde.
XII. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit.
43. Widernatürliche
Unzucht zwischen
Personen männlichen
Geschlechts.
§5 175 d. Str.G. Bs.
Breslau, den 31. März 1904.
Gegen den zwanzigjährigen ehemaligen Kellner
Fritz Fridolin Arndt, der z. Zt. hier bei dem
Kgl. Polizeipräsidium wegen Bettelns eine zehntägige
Haftstrafe verbüßt, ist in den Akten A 9748 Anzeige