70 Preußische Landesgesetze.
Die Genehmigung ist von dem Unternehmer, Vorsteher, Ordner oder
Leiter derselben mindestens achtundvierzig Stunden vor der Zusammenkunft
nachzusuchen, und darf nur versagt werden, wenn aus Abhaltung der Ver—
sammlung Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu befürchten ist.
Soll die Versammlung auf öffentlichen Plätzen, in Städten und Ort—
schaften, oder auf öffentlichen Straßen stattfinden, so hat die Ortspolizeibehörde
bei Erteilung der Erlaubnis auch alle, dem Verkehr schuldige Rücksichten zu
beachten. Im übrigen finden auf solche Versammlungen die Bestimmungen
der 88 1, 4, 5, 6 und 7 Anwendung.
§ 10. Den in den vorhergehenden Paragraphen erwähnten Versamm-
lungen werden öffentliche Aufzüge in Städten und Ortschaften oder auf öffent-
lichen Straßen gleichgestellt. Bei Einholung der Genehmigung ist der be-
absichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse, sowie Züge der
Hochzeitsversammlungen, wo diese hergebracht sind, kirchliche Prozessionen,
Wallfahrten und Bittgänge, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden,
bedürfen einer vorgängigen Genehmigung und selbst einer Anzeige nicht.
§ 11. Innerhalb zweier Meilen von dem Orte der jedesmaligen Residenz
des Königs, oder von dem Orte des Sitzes beider Kammern dürfen Volks-
versammlungen unter freiem Himmel von der Ortspolizeibehörde nicht gestattet
werden. Das letztere Verbot besteht nur für die Dauer der Sitzungsperiode
der Kammern.
§ 12. Wenn eine Versammlung ohne die in § 1 vorgeschriebene Anzeige
stattgefunden hat, so trifft den Unternehmer eine Geldbuße von fünf bis
fünfzig Talern oder Gefängnisstrafe von acht Tagen bis zu sechs Wochen.
Derjenige, der den Platz dazu eingeräumt hat, und jeder, welcher in der Ver-
sammlung als Vorsteher, Ordner, Leiter oder Redner aufgetreten ist, hat eine
Geldbuße von fünf bis fünfzig Talern verwirkt.
§5 13. Wenn, der Vorschrift des § 2 entgegen, die Statuten eines
Vereins oder das Verzeichnis der Mitglieder, oder die eingetretenen Aenderungen
in der bestimmten Frist zur Kenntnis der Ortspolizeibehörde nicht gebracht
worden sind, oder wenn eine von der Ortspolizeibehörde erforderte Auskunft
nicht erteilt worden ist, so wird jeder Vorsteher des Vereins mit Geldbuße
von fünf bis fünfzig Talern bestraft, insofern er nicht nachweisen kann, daß
die Anzeige oder die Einreichung des Verzeichnisses ganz ohne sein Verschulden
unterblieben ist. Dieser Strafe tritt eine Gefängnisstrafe von acht Tagen bis