XIII. Verbrechen und Vergehen wider das Leben. 157
51. Vollendete Ab-
treibung der Leibes-=
sfrucht oder versuchte Ab-
treihung mit tauglichem
Mittel au untauglichem
Obieft.
§#& 218 bezw. 43 d. Str. G.Bes.
Leipzig, den 10. Januar 1905.
Die Zigarettenarbeiterinnen Wally Dost,
hier Reudnitzerstraße 16, III bei den Eltern, und
Marianne Blume, Reundnitzerstraße ebenda bei
Dost wohnhaft, beide in der Zigarettenfabrik von
Josef Maletzki hier, Reudnitzerstraße 107, beschäftigt,
brachten am 8. d. Mts. folgendes zur Anzeige.
Die am 17. November 1886 in Leipzig geborene,
hier Schillerstraße 29, III bei den Eltern wohnhafte
Zigarettenarbeiterin
Anna Franziska Brandt
sei seit einigen Monaten bis Ende Dezember 1904
mit starkem, offenbar schwangerem Leibe umher-
gegangen. Sie habe auch davon erzählt, daß sie
mit einem Bäckergesellen, dessen Namen sie aber
nicht genannt habe, ein Verhältnis unterhalte und
mit ihm zu Tanze gehe. Die Brandt sei sehr
unansehnlich, sogar etwas ausgewachsen, und sei
deshalb immer damit gehänselt worden, daß sie
keinen Liebhaber finden werde. Deshalb habe sie
wahrscheinlich Anlaß genommen, von ihrem Verhält-
nisse so ausdrücklich zu erzählen. Gesehen habe die
Brandt mit dem Bäckergesellen niemand. Nach den
Feiertagen sei die Brandt dann 4—5 Tage weg-
geblieben und habe sich bei der Direktrice Antonie
Löwe, hier Connewitzerstraße 14, II, damit ent-
schuldigt, daß sie eine verstorbene Tante in Taucha
die letzten Tage vor ihrem Tode habe pflegen
müssen. Nach ihrer vor einigen Tagen erfolgten
Rückkehr sei von dem starken Leibe nichts mehr
sichtbar, die Brandt vielmehr wieder schlank wie
früher gewesen. Eigentlich habe sie auch sonst keinerlei
Veränderungen in Gestalt und Gesicht gezeigt.
Die deshalb gestern mit Genehmigung Maletzkis
in dessen Kontorräumlichkeiten befragte Brandt gab
zu, mit einem Bäcker, der Moritz Arndt geheißen
und bei dem Bäckermeister Alfred Schulze hier,
Petersstraße 16, in Stellung gewesen sei, seit
Sommer 1904 ein Verhältnis unterhalten und
wiederholt mit ihm, teils in dessen Wohnung teils
im Freien, den Beischlaf vollzogen zu haben. Im