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XIII. Verbrechen und Vergehen wider das Leben. 159
Sie habe, damit ihre Tante und die Hausbewohner
nichts merken sollten, noch in der Nacht und am
andern Morgen die Blutspuren auf dem Abort und
in der Flur aufgewischt. Am nächsten Tage habe
sie sich sehr schwach gefühlt und im Bette gelegen.
Am andern Tage sei es ihr aber wieder gut gewesen.
Ihre Tante habe nichts bemerkt, und sie sei am
Abend des 6. Januar d. Is. wieder nach Leipzig
zurückgekehrt. Ihre Eltern hätten von ihrem ver-
änderten Zustande nichts wahrgenommen, jedenfalls
sich darüber nicht geäußert.
Bei der unmittelbar nach der Befragung der
Brandt, welche vorläufig festgenommen wurde, in
der Wohnung von deren Vater Bahnschaffner Oskar
Martin Brandt von mir und Kriminalschutzmann
Oehmichen vorgenommenen Durchsuchung wurde
genau nach den Angaben der Brandt in deren
Kleiderschrank eine leere und noch mit einem kleinen
Reste auf dem Boden bedeckte Rotweinflasche und
das beifolgende Töpfchen, in welchem sich ebenfalls
ein Rest Flüssigkeit befand, vorgefunden und von
uns beschlagnahmt. Die Flasche ist fest verkorkt
und die Flüssigkeit aus dem Töpfchen in das bei-
folgende kleine fest verkorkte Fläschchen abgefüllt, im
übrigen aber das Töpfchen nicht gereinigt worden.
Brandt hatte Dienst und konnte zur Sache
nicht befragt werden. Die Rosalie bverehel.
Brandt erklärte auf Befragen, daß ihr von einer
Schwangerschaft und einem Verhältnisse ihrer Tochter
mit einem Bäckergehilfen Arndt nichts bekannt sei. Ihre
Tochter könne gar keine Gelegenheit gehabt haben,
mit ihm zu Tanze zu gehen, da sie Sonntags stets
mit ihnen ausgehe, Verwandte besuche oder zu Hause
bleibe. Sie habe auch nichts davon bemerkt, daß
bei ihrer Tochter die Regel weggeblieben sei; das
müsse ihr, da sie regelmäßig deren Wäsche wasche,
aufgefallen sein. Wie die Rotweinflasche, welche eine
ziemlich reinliche, also neue Etikette aufweist, in
den Schrank gekommen und was in dem Topfe
für Flüssigkeit sei, könne sie nicht sagen, sie habe
nichts davon bemerkt, daß ihre Tochter etwas gekocht
habe. Richtig sei, daß ihre Tochter im November
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