Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Ausübung seiner Obliegenheiten als Reichserzmarschall ward der Kur- 
fürst vom Reichserbmarschall unterstützt, welches Amt in der Familie 
der Grafen Pappenheim erblich war. Dieser wiederum hatte Unterstützung 
in den Untermarschällen, deren Amter sich an ihren Namen kund gaben, wie 
z. B. Marschall von Ostheim usw. Bei großen feierlichen Gelegenheiten ritt 
der Erzmarschall zu Pferde mit dem bloßen Reichsschwerte vor, neben ihm 
ging zu Fuße der Erbmarschall Graf Pappenheim, die Scheide des Reichs- 
schwertes tragend. Das übliche Hineinreiten in den Haferberg und Dar- 
bringen dieses symbolischen wie tatsächlichen, Kraft und Stärke verleihenden 
Nahrungsmittels in einem dazu bestimmten silbernen Maße führte gemeiniglich 
der Erzmarschall selbst aus. Auch gelangten während der Dauer eines 
Reichstages alle wichtigen Meldungen zuerst an die Person des Reichserz- 
marschalls als (wie man heutigentages sagen würde) Kommandanten des 
Hauptquartiers, dem auch die Sicherheit des Ganzen oblag und zu diesem 
Behufe die sämtlichen anwesenden Streitkräfte untergeordnet waren. Für 
gute Verquartierung des Kaisers und der Reichsfürsten, wie der fremden 
Gesandten zu sorgen, war Sache des Erbmarschalls, ebenso wie derselbe 
dafür zu sorgen hatte, daß an den betreffenden Absteige-Quartieren in ge- 
gehöriger Weise Namen und Wappen der dort Wohnenden angebracht waren. 
Stillschweigend oder bestimmungsgemäß als auf die Vertretung des Erb- 
marschalls und der Untermarschälle übergegangen galt ferner das öffentliche 
Ansagen von Tag und Stunde der Reichstagseröffnung, sowie das Ein- 
sammeln der auf dem Reichstage abgegebenen Stimmen. Bei keaiserlicher 
Prunktafel ging der Erbmarschall mit einem Stabe den Speiseträgern vorauf, 
welche sämtlich Reichsgrafen waren. Unter dem Kurmantel ist Friedrich 
der Streitbare mit derjenigen Art Rüstung angetan, welche aus kunstvoll in 
die nötigen Formen gebrachten Eisenplatten besteht und daher Plattenrüstung 
genannt wird.“o) 
Gleichzeitig mit ihrem Höhepunkte ereilte dieselbe aber auch der Anfang 
ihres Endes. Es erging den schweren Rüstungen der Ritter ebenso, wie es 
jetzt den Panzerungen der Kriegsschiffe gehen wird. Zu großes Gewicht 
hätte. Von den Grafen zu Pappenheim, in deren Familie das Reichsmarschallamt erblich 
war, nämlich die Verpflichtung, dem Reichserzmarschall in Ausübung seiner Obliegenheiten 
behilflich zu sein, werden die Kurschwerter noch heute im Schilde geführt. Sonst aber haben 
sich dieselben nach Aufhebung des alten Reiches und Erledigung der Kur Sachsen (nachdem 
sie innerhalb Sachsens noch längere Zeit auf Grenzsteinen als direktes Herrschaftszeichen 
des Fürstenhauses galten) auf die bekannten Kunsterzeugnisse der Meißner Porzellan= 
manufaktur zurückgezogen. 
60) Im Volksempfinden deckt sich merkwürdigerweise der Begriff Rüstung gemeinhin 
mit demjenigen der Art von Rüstung, in der man Kaiser Max „den letzten Ritter“ und 
Karl den Kühnen von Burgund zu sehen gewöhnt ist (unter denen dieselbe den Höhepunkt 
ihrer Vollkommenheit erreicht hat). Und wiederum mit jenem Begriffe „geharnischter Ritter“ 
fällt bei den Meisten die Idee von Rittertum überhaupt zusammen, obwohl das eigent- 
liche Rittertum ziemlich dreihundert Jahre früher das gewesen ist, als welches es noch 
heute dem Staate und der Gesellschaft vorleuchtet.
	        
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