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lang waren. Rechnet man zu diesen Ungetümen noch die nach damaliger
Sitte abnorm langen Sporen als hintere Ausläufer hinzu, die höchstens zu
Pferde nicht inkommodierten, so ist es wirklich kaum auszudenken, wie der
Fürst seinen Auf= und Abstieg zum und vom Throne seines kaiserlichen Lehens-
herren bewerkstelligt hat, denn es war ihm bei dieser Gelegenheit unmöglich,
dem Beispiele der österreichischen Ritter zu folgen, die, als sie bei Sempach
mit den Schweizern zu Fuß kämpfen mußten, sich vorher allesamt die
Schnäbel von ihren Eisenschuhen abhackten.
Das von Albrecht dem Beherzten um den Hals getragene Ordenszeichen
vom Goldenen Vließ (gestiftet 1429 von Herzog Philipp dem Guten von
Burgund) ist nächst dem englischen Hosenbandorden die älteste derjenigen
Dekorationen, die als Auszeichnungen an Stelle der bisher üblich gewesenen
güldenen Gnadenketten und Ehren-Schaumünzen zu treten beginnen.
Früher galten Ordensinsignien als äußere Erkennungszeichen solcher, die zur
Erfüllung eines gemeinsamen hohen ethischen Zweckes in einen „Orden“
getreten, das heißt in einer von der höchsten kirchlichen oder weltlichen Ge-
walt als „Orden“ sanktionierten geschlossenen derartigen Körperschaft vereinigt
waren. Nun gingen diese Zeichen — den bisher üblich gewesenen mehr
oder weniger ähnlich — meist ohne eine geistige Gemeinschaft andeuten zu
wollen, in den Begriff „Belohnung“ oder „Anerkennung“ über.“2)
Durch die hinter den fürstlichen Brüdern Ernst und Albert folgende
Gruppe wird die Begebenheit des Prinzenraubes ins Gedächtnis zurück-
gerufen. Der Held der Begebenheit, der wackere Kohlenbrenner Georg
Schmidt, den lorbeerumwundenen Schürbaum tragend, mit dem er, um den
jungen Prinzen zu befreien, den Ritter Kunz von Kauffungen „weidlich getrillt“
hatte, wurde der Ahnherr der Familie von Triller. Diese Familie, welche
auf dem jenem Köhler geschenkten Freihofe Eckersbach bei Zwickau angesessen
war und von Kaiser Rudolf II. in den Freiherrenstand erhoben wurde, soll
im Jahre 1861 mit der Person des zu Gera verstorbenen Christian Adolf
von Triller erloschen sein.“)
62) In Deutschland lebt der alte Begriff „Orden“ nur noch im Maltheser= und Jo-
hanniter-Orden, in Österreich im Deutschherrenorden weiter, wie auch des letzteren Ballei
Utrecht nicht vergessen werden darf, welche Orden sämtlich zur Lösung einer und derselben
großen Aufgabe gegründet worden sind — der Christenheit durch Wort und Tat ein muster-
haftes Vorbild im Dienen und Kämpfen zu geben. „Herrlich kleidet sie Euch, des
Kreuzes furchtbare Rüstung, wenn Ihr, Löwen der Schlacht, Akkon und Rhodus beschützt.“
— „Aber, ein schönerer Schmuck, umgibt Euch die Schürze des Wärters, wenn Ihr,
Löwen der Schlacht, Söhne des edelsten Stamms, dient an des Kranken Bett, dem
Lechzenden Labung bereitet und die niedrige Pflicht christlicher Milde vollbringt.“ Diese
Schillerschen Worte möge jeder sich ins Herz schreiben, dem es vergönnt ist, das Zeichen des
Kreuzes, unter welchem alle Christen leben, dienen und kämpfen sollen, auch äußerlich
als Ordenszeichen sich an die Brust heften zu dürfen. Und sehr richtig sagte Kaiser Wilhelm
auf der Marienburg: „Das erhabene Gesetz der Bruderliebe vereint die Orden, welcher
Konfession sie auch sein mögen, in dem großen Ziele, der leidenden Menschheit beizustehen."
63) Wie das Dresdner Journal berichtet, ist am 4. Juni 1902 im Parke zu Eckers-
bach durch Mitglieder der Turnvereine dortiger Gegend der sächsische Prinzenraub dramatisch