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erfahrenen Männer, die das letzte Aufflackern des Rittertums bezeichnen —
Kaiser Maximilian und Sickingen in Deutschland, Bayard und König Franz
in Frankreich — vermochten nicht mehr ohne die Fußtruppen der Lands-
knechte oder der Schweizer zu siegen. Den Kern dieses Fußvolkes aber
bildete der wehrhafte Bürger= und Bauernstand. Und als die Überzeugung,
daß die Zeit des turniermäßigen Tjostierens und Buhurtierens endgültig
vorüber sei, auch in den Kreisen des Adels als unumstößliche Wahrheit er-
kannt wurde, da ward die Zahl der Herren und Grafen immer größer, die
— das ritterliche Roß und die Königin der Waffen, die schwere Lanze,
daheimlassend — mit kurzem Schwerte oder Zweihänder, mit Spieß oder
Hellebarde sich in die Reihen jenes geregelten Haufens stellten, der unter
Trommeln und Pfeifen mit fliegenden Fahnen und dem Liede in den
Kampf zog:
„Kein sel'grer Tod ist in der Welt,
Als wer vom Feind erschlagen
Auf grüner Heid', im freien Feld
Darf nicht hör'n groß' Wehklagen."
Wie das Landsknechtswesen, so ist auch die Landsknechtstracht eine
eigentümliche Erscheinung, der eine einschneidende Bedeutung auch für die
Zukunft nicht abgesprochen werden kann.
Nach unten fanden die weitbauschigen Pluderhosen ihren Abschluß durch
breite, buntfarbene Kniebänder, mit denen sie über den enganliegenden
Wadenstrümpfen zugebunden waren. Im Gewühle des Handgemenges
gingen meistens die Schleifen dieser Bänder auf und durch Herabfallen des
Hosenstoffes bis auf die Knöchel entstanden die Vorläufer unserer heutigen
Beinkleider. Vielfach wurden auch, um das selbst in die Wege zu leiten,
was sonst der Zufall gemacht haben würde, vor dem Sturmangriff entweder
die Kniebänder von den Leuten selbst gelöst und der Stoff enger gebunden
oder man steckte, um beim Ausschreiten nicht durch die weitflatternden Stoff-
massen behindert zu sein, die herabfallenden Teile derselben in grobe üÜber-
strümpfe, die man zu diesem Zwecke bereit hielt und der Keim zur späteren
Gamasche war gelegt.
Den mit wallenden Federn geschmückten, tellerartig zusammengedrückten
Hut von weichem Filz, der den Namen Barett erhielt und schließlich mehr
einer Mütze glich, trugen die Landsknechte häufig an einem Bande, der Hut-
schnur, über den Rücken hängend, ähnlich wie dies einst die vornehmen
Griechen mit ihren Kopfbedeckungen Pelasos und Kausia gemacht hatten.
Die Haupthaare, welche, wenn sie freiwallend herunter fielen, die jetzt mit Voll-
bart gezierten Gesichter malerisch umrahmten, wurden gewöhnlich durch eine
Haube von buntem Geflecht gehalten, die Kalotte. Auch auf dieses an sich
unwesentliche Stück der Bekleidung ward eine derartige Üppigkeit verwendet,
daß eine Reichsordnung erscheinen mußte, die ihr Tragen regelte. An dem
Barett des den Erzählungen des braven Köhlers lauschenden Edelknaben