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Kunstwerke hervorzubringen, wie es die sind, vor denen wir jetzt in den
Museen bewundernd stehen bleiben, verdient die allergrößte Hochachtung vor
Kunstfertigkeit und Geschmack jener Zeit. Die Rüstkammer zu Dresden,
das historische Museum, dessen Besuch nicht dringend genug einem jeden ans
Herz gelegt werden kann und in vielen Punkten als die berühmteste Waffen-
sammlung der Welt dasteht, weist Wunder der Technik in der von Waffen-
schmied, Schwertfeger und Gürtler, Goldschmied und Ciseleur gleichzeitig
betriebenen Kunst auf. Dem Jtaliener Benevenuto Cellini stehen deutsche
Meister wie Jamnitzer und Dinglinger würdig gegenüber, ja übertreffen
denselben vielfach.“6)
Die verschiedenen Kunstgewerbetreibenden und alle anderen Gewerke
arbeiteten einander nicht nur mit Verständnis, sondern mit Liebe in die
Hände. An der hier zur Ansicht gebrachten Rüstung ist die Verzierung
in Tauschierung angedeutet durch das Wappen von Ponickau. Das schwarz
und weiß gestreifte Hängeschildlein des Edelknaben aber, dessen Hut über
üppigen Locken keck zur Seite gesetzt ist, stellt den Schild der Familie von
Miltitz (eines Stammes mit Maltitz) dar, welche gleich derjenigen der von
Schleinitz und von Bünau im ganzen Elbtale derartig reich angesessen ge-
wesen ist, daß rundweg vom Schleinitzer, Miltitzer usw. Ländchen geredet
wurde. (Gerhardus de Panckow 1237 und Rule von Punikow 1350
geben einen Beweis für die verschiedene Schreibart tatsächlich einer und
derselben Familie. Theodoricus de Miltitz wird schon 1186 unter den
Getreuen des Markgrafen Otto von Meißen aufgeführt.)
Der zwei Windspiele an langer Leine führende kleine Mohr ist vollständig
an seinem Platz. Insonderheit bildeten Mohr und Hunde die stete Begleitung
Heinrichs des Frommen. Beide Begriffe gehörten sozusagen zu den Unent-
behrlichkeiten einer eleganten Hofhaltung des sinkenden Mittelalters. Die
Mohren, weil sie die Vertreter einer in Europa nicht vorkommenden Menschen-
rasse darstellten, und obendrein durch Gestaltung und Art des Auftretens
amüsierten; die Windspiele, weil sie einer seltenen aus Wälschland ein-
geführten Hundeart angehörten, deren Erscheinung ebenfalls Spaß machte.
Zwerge und Narren bildeten hierzu die Ergänzung.
Wenn es auch unseren, das heißt der jetzt lebenden Menschen, Augen
und Sinnen angenehm ist, keine Abnormitäten wahrzunehmen, die der
Harmonie Eintrag tun könnten und es den Herzen derjenigen unter uns,
die Gefühl für andere haben, weh tun würde, eine Art pharisäischer Schaden-
freude sanktionieren zu sollen, so war doch das Mittelalter hierin bedeutend
weniger zart besaitet. Selbst anerkannt wohlwollende, gütige und edel-
denkende Herren wie Damen erlustigten sich an den oft überaus derben
60) Es muß als ein besonderes Verdienst des waffenkundigen Direktors von Ehrenthal
wie des berühmten Archäologen und Numiematikers Dr. Erbstein (der als ein besserer
Fafnir den Schatz hütet, nämlich das „Grüne Gewölbe") gelten, gar manches Stück, welches
früher jenem Florentiner zugeschrieben worden ist, als aus den Händen dieser Deutschen
hervorgegangen dargetan zu haben.