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herausgegeben hat und nicht einen einzigen Zweig von Gewerbe und Kunst
in seinen Landen unberücksichtigt ließ, hob Forstwesen und Landwirtschaft,
gab dem Handel Privilegien und gründete Schulen, ließ neue Gesetzbücher
ausarbeiten, rief die Dresdner Bibliothek, das sogenannte Grüne Gewölbe
(jene Schatzkammer von europäischem Rufe), Zeughaus und Rüstkammer
ins Leben. Aus letzterer ist das historische Museum hervorgegangen, das
seinesgleichen nicht hat. Für das Feuerlöschwesen und das Institut der
Defensioner stellte er Ordnungen auf und setzte das Appellationsgericht in
Dresden ein; sorgend also gegen innere wie äußere Feinde. Er erbaute
den schmucken Jägerhof in der Residenz (der neuerdings dem Ausbau
Dresdens zur Großstadt zum Opfer gefallen ist) sowie die Schlösser Augustus—
burg und Annaburg; jenes auf herrlicher Waldeshöhe im romantischen
Zschopaugebiete des Erzgebirges, dieses in der weiten fruchtbaren Ebene der
Elbniederung.
Unter seiner Regierung führte Barbara Uttmann, geborene von Elterlein,
Witwe eines reichen Bergherren zu Annaberg, das Spitzenklöppeln ein. Sie
hatte diese Kunstfertigkeit von einer um ihres Glaubens willen vertriebenen
Brabanterin gelernt, die ihr für Gewährung von Obdach und einer zweiten
Heimat dankbar war. Es ist bekannt, in wie reichem Maße jene, einer
einzelnen gewährte Wohltat, zur Wohltat ganzer Familien, zum Segen für
die gesamte arme Bevölkerung des Erzgebirges und Vogtlandes geworden
ist. Von vielen als sächsischer Justinian bezeichnet, richtete sich August streng
nach dem Ausspruche des im Dienste von vier sächsischen Fürsten ergrauten
Hofrichters, des alten Melchior von Ossa, daß die Ämter mit Leuten, nicht
aber die Leute mit Ämtern zu versehen seien. Durch seine ganze Regierung
gibt jener Kurfürst Zeugnis dafür, wie ein Herrscher in Wahrheit ein Wohl-
täter seines Volkes und im edelsten Sinne ein Vater des Vaterlandes sein
kann, ohne durch Kriegsruhm oder sonstige „Heroen-Eigenschaften“ zu glänzen.
Ein Schwarm von Sternen erster Größe umgab ihn überdies. Lukas Kranach
(eigentlich Lukas Sunder aus Kranach in Franken), durch dessen Meister-
hand eine stattliche Reihe hochbedeutsamer Bilder berühmter Zeitgenossen,
insonderheit Wettinsche Fürsten, geschaffen worden ist, starb während Augusts
Regierungszeit, nachdem er eine vorbildliche Maler-Art geschaffen hatte.
Petrus Albinus (Weiß) schrieb unter dem Titel „Meißnische Land= und
Berg-Chronika“ die erste volkstümliche Landesgeschichte und Adam Riese in
Annaberg die grundlegenden, ihrem Rufe nach noch jetzt bekannten Rechen-
bücher, während Johann Klajus aus Herzberg bei Abfassung der ersten neu-
hochdeutschen Grammatik, nach Vorbild Luthers, derselben die meißnische
Mundart zu Grunde legte. Neefe aus Chemnitz, Leibarzt der beiden Brüder
Moritz und August, schrieb gelehrte medizinische Abhandlungen, die weite
Verbreitung fanden; ebenso Alberti über Anatomie und Gröner über Botanik.
er unternahm, um nach dem Rechten zu sehen, verteilte dieser für das Wohl seiner Unter-
tanen unermüdlich besorgte Fürst Obstkerne und Sämereien besonders guter und seltener
Sorten, die er zu diesem Zwecke auf Auslandsreisen gesammelt hatte.