Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

— 114 — 
Ja, unstreitig haben diese klugen tierischen Genossen des Menschen ein 
feines Gefühl für berechtigten Stolz und wahre Vornehmheit. 
Die eiserne Roßstirn, jenes einst so wichtige Stück der Pferderüstung, 
ist, wie das Gemälde zeigt, seiner wehrhaften kriegerischen Urbestimmung 
mehr und mehr enthoben worden und ihr überrest zum bloßen Träger des 
Federschmuckes zusammengeschrumpft. Ähnlich — und wie man in solchen 
Fällen, um durch den Vergleich nicht zu beleidigen, hinzuzusetzen pflegt 
„Sans comparaison“ — ist es im Verlaufe der Zeiten dem uralt ritter- 
mäßigen Rüststück des Brustharnischs ergangen. Nachdem derselbe im 
18. Jahrhundert zum bloßen Prunkstück der Generale geworden war, zog 
er sich (abgesehen von den noch jetzt existierenden Kürassen der Kürassiere 
— die neuerdings aber auch nur noch zu Paraden angelegt werden) Anfang 
des 19. Jahrhunderts in den Ringkragen der Offiziere zurück und findet 
heutigentages in den kargen Metallstreifen auf den Schultern — den 
Epauletten und Achselstücken — den letzten Rest seines Ausläufers. Daß 
die blutgetränkte Feldbinde des Kurfürsten Moritz, zusammen mit der 
lleinen Kugel, die dem großen Manne den Tod brachte, in der Rüstkammer 
des Königlichen Historischen Museums zu Dresden pietätvoll aufbewahrt 
wird, ist schon erwähnt worden. Gerade weil aber jene Feldbinde als 
teuere Reliquie für die treuen Sachsen eine solch historische Rolle spielt, 
muß es als außerordentlich feinfühlig vom ausführenden Künstler bezeichnet 
werden, daß derselbe gerade den Kurfürst Moritz als Ersten auftreten läßt, 
der ein solches feldmäßiges Abzeichen um die Schultern geschlungen hat. 
Denn schon in viel früheren Zeiten waren Feldbinden üblich. Während 
dieselben aber bisher, frei nach Gutdünken und persönlichem Geschmack des 
jeweiligen Trägers, eine Farbe haben konnten, welche sie wollten (nur also 
als Schmuck und nur nebenbei als ein unbewußtes Erkennungszeichen der 
Person dienend), ändert sich dieser individuelle Gesichtspunkt in den Zeiten 
der Reformation mit dem offensiven und öffentlichen Auftreten gegensätzlicher 
Richtungen. Die Parteien, namentlich wenn dieselben in einem Lande 
und eine jede demselben Vaterlande angehörig, einander entgegentraten, 
mußten darauf bedacht sein, erkannt zu werden. Im Schmalkaldischen Kriege 
trugen die Protestanten gelbe, die Katholiken rote Feldbinden. Diese 
Parteiabzeichen wurden ein um so notwendigeres Erfordernis, je öfter es 
vorkam, ja zur traurigen Regel wurde (die den Vaterlandsfreund mit un- 
endlicher Betrübnis und tiefem Weh erfüllt), daß nicht nur Angehörige 
eines Volkes, sondern auch Glieder eines Geschlechtes, einer Familie — 
durch verschiedenes Glaubensbekenntnis getrennt — einander feindlich gegen- 
überstanden und — — — stehen. Möchte man doch einmütig den gemein- 
samen Feind gemeinsam bekämpfen und die Zwietracht bannen, die ebenso 
lähmend wirkt, wie sie unnötig ist. Man wolle nicht mit Eifer suchen, was 
Leiden schafft, sondern mit Freuden ergreifen, was Frieden gewährt, Stärke 
in der Einheit verbürgt und Wohlsein des Ganzen wie des Einzelnen 
erzeugt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.