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nur ein berechtigtes Freisein von unwürdiger Knechtschaft ist, aber vereint
mit der Gebundenheit unter die göttlichen Welt- und Sittengesetze oder ein
Aufatmen von schwerem Alpdruck, sich also mit Unterordnung, Demut und
Frömmigkeit zu vereinigen und zu ergänzen weiß, da ist es Pflicht, diese
Geistesrichtung nach ihrem Werte oder Unwerte objektiv zu prüfen. Nicht
überall ist das geschehen, und in Spanien zumal fand jene Bewegung der
Geister schon in ihrem Entstehen übermächtige, vom einseitigsten Subjektivismus
geleitete fanatische Gegner — sie ward unterdrückt, ja zermalmt.
Ein gewissermaßen plastisches Abbild dieser ins Freie strebenden Gärung
und deren ohne jede überlegung vollführte, gewaltsame Unterdrückung bietet
— so eigentümlich dies klingen mag — die spanische Tracht.
Gleich den Schlitzwämsen der freien Schweizer und den Pluderhosen
der ungebundenen Landsknechte, welche eine lange Zeit für das ganze
mittlere Europa tonangebend wurden, strebte auch am Ebro und Manzanares
die Kleidung nach Bequemlichkeit und Weite, suchte der Körper sich der zur
Sitte gewordenen lästigen Einengung zu entwinden. Auch in Spanien
läßt sich beobachten, wie die Kleidung den Gelenken freieren Spielraum
geben will, wie der Armel sich schlitzt und das weiße Hemd bauschig hervor-
quillt. Aber wie die geistige, so wurde auch die rein äußerliche Entfaltung
froheren freieren Daseins hier im Keime erstickt. Der Rückschlag des inneren
auf das äußere Leben ist unverkennbar. Durch die Inquisition wurden die
religiösen Neuerungen unterdrückt, der politischen versetzte der Tag von
Villalar den Todesstoß, wo Karl V. die aufständischen Kastilianer aufs
Haupt schlug. Der ganzen Nation bemächtigte sich die Ruhe des Fried-
hofes, die mit der Ruhe nicht verwechselt werden darf, welche „die erste
Bürgerpflicht“ ist und die bei vollkommenster Loyalität sehr wohl eine ge-
sinnungstüchtige Opposition der Treuen einzuschließen vermag. Wie der
Geist die Materie bewegt, so wünscht er unwillkürlich, daß die Fesseln, die
um ihn geschlungen werden, auch auf den Körper Anwendung finden, mit
dem er eins sein möchte. Nur der bedauernswerte Clown im Zirkus vermag
Trauer und Weh unter bunten Lappen und hinter heitergeschminkten Ge-
sichtsfalten zu tragen. Sonst aber und für gewöhnlich suchen — natürlich
nur soweit dies angängig ist — der innere und der äußere Mensch eine
gewisse übereinstimmung im Auftreten. Und so — von Herzen und Ge-
wissen auf Röcke und Hosen kommend — weil jede dieser beiden Arten von
Requisiten des Menschentums die geistige wie die körperliche, sich in dem
Streben gehindert sah, sich freier zu bewegen, erscheint auf der Bildfläche
die steife eingezwängte spanische Tracht. Sehr gern soll hierbei anerkannt
werden, daß eben deswegen dieselbe sich nicht zu der Entartung entwickeln
konnte, wie dies mit der Kleidung in anderen Ländern geschah, wo ein,
aus falsch verstandener Freiheit hervorgegangener Übermut das Zeichen zur
Sittenlosigkeit gab. Unter dem straffen Regimente eines unbedingten, welt-
lichen wie geistlichen, Absolutismus, der jede freiere Regung verpönte, mußte
alles was begonnen hatte, einigermaßen die Flügel zu heben, wieder in sich