Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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wenig poetischen Namen „Gänsebauch“ bekannt. Das kleidsame und viel- 
gestaltige weiche Barett, welches sich so schmiegsam auf wallende Locken 
drücken läßt, hat dem steifen spanischen Hute Platz machen müssen, dessen 
Krempen oft so schmal und wenig sichtbar sind, daß er einer hohen Mütze 
gleicht. Haar und Bart müssen kurz geschoren sein, weil ihnen die breite 
Krause im Wege steht, doch ist Spitzbart und sogenannte Kolbe noch immer 
beliebt, so daß in Deutschland jener Halsabschluß verkleinert getragen wird. 
Überhaupt geht man hier nicht ganz so weit, wie Granden und Infanten 
es tun. In dieser Mischung des Kostüms treten die beiden Kurfürsten 
Christian auf, der Erste wie der Zweite. Bei letzterem sieht man den 
Halskragen zu Gunsten des Bartes zurückgeschlagen. 
Johann Georg I. aber tritt in der vollen kräftig malerischen Tracht 
eines Feldobersten oder Generalissimus des dreißigjährigen Krieges dem 
Beschauer entgegen, — in der charakteristischen Halbrüstung, die man an 
Gustav Adolf und Wallenstein, Tilly und Pappenheim, jenen allbekannten 
volkstümlichen Figuren zu sehen gewöhnt ist. Außer dem „Koller von 
Elendshaut“ (wie der Wallensteinsche Jäger sagt) nämlich von Gemsleder, 
und dem Wams von dickem Tuche, welche mit dem eisernen Harnisch gleich- 
zeitig vorkommen, sind es vor allem drei Stücke, die jetzt neu und eigenartig 
in die Erscheinung treten. Sie verdienen, kurz besprochen zu werden. 
Der große, fast könnte man sagen übermäßig große Schlapphut von 
Filz, dessen weicher Stoff den Schwerthieben fast wirksameren Widerstand 
entgegensetzte als das harte Metall von Helmen, Eisenhauben und Morians 
(welche Kopfbedeckungen übrigens gleichzeitig auch weiter getragen werden), 
sowie der breite aber nun dünne Spitzenkragen, welcher die steife Halskrause 
ersetzt hat, geben dem männlichen Kopfe bei überall gleichem Schnitte von 
kurzem Haar und spitzem Barte ein typisches Gepräge. Die in ihren 
Maßen oft unflätig großen Reiterstiefel aber, die in der gesamten Schuh- 
macherei einen Umschwung herbeiführen, lassen die durchaus an Feld= und 
Lagerleben, sowie an weite Kriegszüge durch aller Herren Länder gewöhnte 
Zeit erkennen. 
„In Hast und Eile bauet der Soldat 
Von Leinwand seine leichte Stadt. — 
Doch eines Morgens plötzlich siehet man 
Die Zelte fallen; weiter rückt die Horde. 
Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt 
Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen: 
Und um des Jahres Ernte ist's gescheh'n." 
„In jenes Krieges Mitte,“ nämlich des Dreißigjährigen, stellt uns der 
Anblick Johann Georgs. Und, da einem beim Gedenken an jenes Welten- 
drama ganz von selbst und unwillkürlich Schillersche Worte einfallen, so 
möge auch das eingeschaltet werden: 
„Der feine Kragen, der Federhut; — 
Was das doch alles für Wirkung tut.“
	        
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