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man begann, in Gestalt von Futteralen am Vorderteile des Sattels zu
beiden Seiten desselben anzubringen. Die über dieselben gelegten Deckel,
deren sich bald die Kunst und die Sucht nach luxuriöser Ausstattung be—
mächtigte, wurden später, und namentlich während der sogenannten franzö—
sischen Zeit, zu hervorragenden Prunkstücken; desgleichen die Pistolen selbst,
die sie bargen.
Die Feuerwaffe hatte allenthalben mit Riesenschritten an Bedeutung
zugenommen. Gemälde wie die von Wouverman zeigen zur Genüge, wie
auch die Reiterei damals einen großen Teil des Wertes ihrer Kampfart in
das Feuergefecht zu Pferde legte. Das „Karakolieren“ hatte sich zu einer
großen Fertigkeit ausgebildet. Das Manöver des Karakolierens bestand
darin, daß beim Reiterangriff die vorderste Reihe, sobald sie ganz nahe an
den Feind herangekommen war, ihre Feuergewehre (Karabiner oder Faust-
rohr) abschoß und sofort darauf, die Rosse scharf linksumkehrt schwenkend,
eiligst hinter das Geschwader sich zurückzog, nunmehr dessen letztes Glied
bildend und die Gewehre wieder ladend. In gleicher Weise verfuhren die
sämtlichen Glieder; abwechselnd vorderes und hinteres darstellend. In der
Theorie ließ sich dies in infinitum fortsetzen und in der Praxis sind wirk-
lich große Erfolge damit erzielt worden. Der blank blitzende Reitergeist
mußte freilich darunter leiden, dieses Lebenselement der Kavallerie. Es
entstanden besondere Karabiner= und Dragoner-Abteilungen — den Mus-
ketieren und Scharfschützen der Fußtruppen entsprechend. Was den Namen
Karabiner anlangt, so ist derselbe aus dem arabischen herübergenommen, wo
Carab die Feuerwaffe heißt. Muskete kommt von dem lateinischen mus-
cetus, das ist ein stets, sein Ziel treffender, habichtähnlicher Stoßvogel.
Auch Faust= und Handrohre wurden verbessert; und Pappenheimer wie
Wallonen, die schweren Schwedenreiter und die Finnländer (deren alter
stimmungsvoller Marsch erfreulicherweise und zwar wie es heißt, auf be-
sondere Anregung Seiner Majestät des Kaiser Wilhelm II., wieder so häufig
von den Kavallerieregimentern geblasen wird) mögen aufgeatmet haben,
als sie die, freilich nur verhältnismäßig leichten, Pistolen am Sattel
hatten.“s)
Bevor von Johann Georgs kriegerischer Figur geschieden wird, möge
noch auf den von ihm geführten eleganten Streitkolben aufmerksam gemacht
werden, welcher wohl ein Vorläufer des Kommandostabes sein dürfte. Der
Degen mit dem sogenannten Eselshufgefäß, der auch zu Pferde ziemlich
wagerecht getragen wurde, leitet zu dem sehr oft übertrieben langen Stoß-
ss) Übrigens erscheint die Annahme des böhmischen Geschichtsforschers Palasky, der
Name Pistole sei auf das czechische pistala = Rohr zurückzuführen, weit glaublicher als
die sonst allgemeine Ableitung von Pistoya, wenn es auch Tatsache ist, daß in genannter
Stadt seit alten Zeiten berühmte Eisen= und Waffen-Werkstätten sich befinden und befunden
haben. Interessant, wenn auch sonst ohne Wert, ist außerdem die eigentümliche Behauptung
Napoleons III., jene Handfeuerwaffe habe ihren Namen von der gleichlautenden Gold-
münze, weil der Durchmesser dieser mit dem Kaliber jener übereinstimme.