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für alle Zeiten zwei Männer in hervorragender Weise verdient gemacht:
Graf Marcolini und Freiherr von Gutschmid. Die Eindrücke der Epoche
des siebenjährigen Krieges, wie alle die Erfahrungen und Wahrnehmungen
jener Zeit mußten notwendigerweise tiefe, und zwar trübe Eindrücke auf
das jugendliche Gemüt Friedrich Augusts machen und waren nicht geeignet,
dem aufblühenden Fürsten den Frohsinn und die Heiterkeit zu geben, die
sonst wohl an den Höfen zu herrschen pflegen. Um so heilsamer war der
Einfluß des ebenso heiteren wie treuen und ehrenwerten Grafen Camillo
Marcolini, eines Altersgenossen, der als Kammerpage an den Hof gekommen
war, mit Friedrich August den gesamten Unterricht genoß, mit ihm ritt
und jagte und sein unzertrennlicher Freund ward, dem Kurfürsten auch im
späteren Leben in allen Wechselfällen eine bewährte Stütze bleibend. Weit
bedeutungsvoller noch, weil auf Seelenleben, Weltanschauung und Charakter
Friedrich Augusts wirkend und daher indirekt für das Schicksal des ganzen
Landes von Einfluß, war Christian Gotthelf Freiherr von Gutschmid, ein
braver Mann in des Wortes edelster Bedeutung, dessen große Gelehrsamkeit,
Umsicht und Treue, wie vor allen Dingen sein unbeugsames Rechtsgefühl
ihm die Hochachtung und Verehrung aller einbrachte. Noch von dem weit—
sichtigen und einsichtigen Kurfürsten Friedrich Christian als Lehrer für
Staatsrecht und Politik berufen, starb Gutschmid hochbetagt im Jahre 1799
als Kabinettsminister. Dieser hervorragende Jurist und bedeutende Mensch
hat dem hochbegabten Friedrich August oor allem jene Grundsätze von
Gerechtigkeit eingeprägt, welche dem von den Seinen verehrten, von den
Fremden verkannten Fürsten das ganze Leben hindurch als Leitsterne vor—
schwebten. Durch Gutschmid wurde es Friedrich August zur anderen Natur
und unumstößlichen Axiom, daß die ehrenvollste Politik die Politik des ehr—
lichen Mannes sei. An diesem Grundsatze hat er sowohl als Kurfürst wie
später als König in allen Lebenslagen festgehalten. 05)
Schon zeitig ward Friedrich August vor mancherlei Versuchungen ge-
stellt und sah sich Verwickelungen in der Politik gegenüber, die nur deshalb
nicht zu Klippen wurden, an denen Sachsen zerschellte, weil dessen Monarch,
105) Treue, Ehrenhaftigkeit und Gerechtigkeit sind ein hellstrahlendes Dreigestirn, welches
schon bei einem gewöhnlichen Sterblichen unverkürzt vorzufinden das Fischen einer kost-
baren Perle bedeutet. Bei einem Könige und Staatsmann aber es unentwegt anzutreffen
ist ein Umstand, der auf Menschenalter hinaus die Blicke auf sich als auf ein wertvolles
Vorbild zu lenken geeignet erscheint. Praktisch und zweckmäßig im Sinne des nackten
egoistischen Nützlichkeitsprinzips mag dies freilich nicht immer sein, und große irdische
Eroberungen sind nicht damit zu machen. Trotz aller Widerwärtigkeiten aber, welche
Fürst und Volk auf sich zu nehmen hatten (und welche vielleicht Sachsen hätten erspart
bleiben können, wenn seine Politik eine solche der Doppelzüngigkeit und des Augenblicks-
erfolges gewesen wäre — wie sie in der neueren Zeit der obligaten Legitimitätsbekämpfung,
des Opportunismus und der Rechtsverachtung so hoch als größte Weisheit gepriesen wird —)
muß ein Volk für immer auf einen Herrscher stolz sein, der in erhabener demutvoller
Größe, das vergifstende, aber Erfolge bietende Schlangenwort weit von sich weist:
En politique point de justice.