Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Den Entschluß, abzulehnen, gab dem ehrlichen Kurfürsten nach langer 
reiflicher überlegung der aufrichtige Wunsch, seinem Lande die endlich ein— 
tretenden Segnungen des Friedens unbedingt zu erhalten. Aber der Mensch 
denkt und Gott lenkt! Ein Krieg, ja weit Schlimmeres noch, sollte dem 
armen Lande nicht erspart bleiben; nur kam das Ungewitter von einer 
anderen Seite. Es kam von jenem Frankreich, welches — dem betörenden 
Rufe seiner radikal-revolutionären Freiheitsschwärmer „Ni Dieu, ni maistre“, 
jenem schändlichen Worte der Autoritätlosigkeit sams phrase folgend — Gott 
abgesetzt und den König gemordet hatte, den König, dessen unschuldiges Blut 
samt dem seiner edlen Gemahlin und samt dem seiner todesmutigen Getreuen 
zum Himmel schrie. 108) 
Aus dem Chaos von Kot und Blut, in welchem die verblendeten Fran- 
zosen mit Wonne und Wollust wateten, hatten sich die Miasmen entwickelt, 
aus denen, zu dunkelroten schweren Wolken zusammengeballt, die grellen 
Blitze zuckten, welche die Welt in Brand setzten. Es ist kein Platz hier, 
auch nur der wichtigsten Ereignisse zu gedenken, die sich in schneller Auf- 
einanderfolge zum beherrschenden Turme aufbauten, oder vielmehr zur Säule 
— zur Siegessäule, auf der der Korse stand. Aber das muß jedem Patrioten 
ans Herz gelegt werden, die Geschichte jener Zeiten, insbesondere auch der 
weniger bekannten Kapitel derselben, genau zu studieren, um den goldenen 
Faden zu verfolgen, der in allen unsäglichen Wirren dem nur von Ge- 
rechtigkeit geleiteten Kurfürsten von Sachsen die Richtung gab. Dessen 
Persönlichkeit wie dessen Regierung sind aufs ärgste angefeindet worden, 
aber es haftet kein moralischer Makel an ihnen. Und darauf muß hin- 
gewiesen werden, daß Sachsen niemals als kriegerische Macht selbst, sondern 
nur immer als vertragsmäßige Unterstützung einer solchen ausgetreten ist, 
wobei Friedrich August sich an sein gegebenes Fürstenwort hielt; ja auch 
das muß betont werden, daß es kaum einen deutsch gesinnteren Fürsten 
gegeben hat als Friedrich August III. (Siehe auch Pölitz, die Regierung 
Friedrich Augusts von Sachsen, Leipzig 1830.) Jedenfalls hat dieser Monarch 
  
die Herrscher Sachsens beworben hatten, wäre jetzt durch ein einfaches „Ja“ zu erlangen 
gewesen. Friedrich August III. lehnte ab, weil er sich sagte, jene Erwerbung könne nur 
dann ein Segen für ihn und sein Sachsenland sein, wenn er der unbedingten Zustimmung 
und des auch späterhin wohlwollenden Verhaltens von Rußland, Österreich und Preußen 
sicher sein und versichert bleiben könne. Das unglückliche Polen mußte seinem weiteren 
Schicksale entgegengehen. Es ward geteilt gleich einer Beute und endlich im Jahre 1795 
(trotz Kosciuszkos patriotischer Konföderation) aus der Reihe der lebenden Staaten gestrichen. 
108) Wenn einige Geschichtsschreiber die französische Revolution teils als ein Produkt 
neuerstandener philosophischer Ideen über Gesellschaftsvertrag und Menschenrechte ansehen, 
teils als eine Folge tief gesunkener Religiosität oder als einen mit Naturnotwendigkeit dem 
überschraubten Steuerdrucke wie der gesellschaftlichen Mißachtung entsprungenem Kampfe 
der aufgehetzten unterdrückten gegen die bevorzugten und nicht nachgebenden Stände be- 
trachten, oder auch in ihr ein Resultat ungeheuerster Finanzzerrüttung und Zerrüttung von 
Autorität und Sittlichkeit erblicken, so hat keiner von ihnen Unrecht. Keiner aber auch 
kann leugnen, daß die Art, wie die Explosion erfolgte, nachdem das Ventil versagt hatte, 
eine roh gewaltsame, schreckliche und unverantwortliche gewesen ist.
	        
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