— 159 —
Schließlich nahm die vielgeprüfte Kopfbedeckung die dreispitzige Form an
und statt der Plümage ward sie mit Tressen und Borden besetzt.
Es wäre unverzeihlich, wenn nicht im Anschluß an den Zopf, diesen
zum Sinnbilde starrer Pedanterie gewordenen Wahrzeichen einer ganzen
Zeitepoche, die Gamaschen erwähnt würden, die im Volksmunde als
Zwillingsgeschwister des reglementsmäßigen Soldatendrilles gelten.
„Gamaschendienst, Gamaschengeist, Gamaschenheld“ sind Bezeichnungen,
die sich mit dem heutigen Ausdrucke „Kommiß“ vollständig decken. Sie
stigmatisieren eine Art oder vielmehr Unart des militärischen Wesens, die
bei untersubalterner Auffassung gegebener Bestimmungen und beschränkter
Buchstabenknechtschaft der Auslegung von Vorschriften oft zwecklos bis aufs
Blut peinigen. Derartige mißverstandene Auffassungen sind es, die dann
bisweilen Ausübungen verlangen, welche zwar an sich und in wohlverstandenem
Maßhalten der Disziplin, der Ausbildung und der Schlagfertigkeit der
Armeen zum allergrößten Segen gereichen, in ihrer Unnatur aber recht häufig
das gerade Gegenteil bewirken.
Mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges, bei dessen Friedensver—
handlungen alle Beteiligten, Diplomaten, Gelehrte und allerhand Leute, die
niemals ein Pferd zu besteigen Veranlassung gehabt hatten, der Mode zu
Liebe gestiefelt und gespornt erschienen waren, kam der wehrhafte Stiefel
nach und nach ab. Je mehr sich friedliche Regungen wieder bemerkbar
machten, um so mehr gelangten Schuh und Strumpf zu erneutem Ansehen.
Schnallenschuhe und Eskarpins, Seidenstrümpfe und kurze Sammethöslein
erreichten an der Grenzscheide des 17. und 18. Jahrhunderts, unterstützt
von den Höfen und deren gezierter Manieriertheit, den Höhepunkt ihres
Daseins. Auch muß unumwunden zugestanden werden, daß durch die hier-
durch erreichte Gliederung, die Bekleidung der Beine — sofern dieselben
selbst weder nach X& noch nach O abweichen — einen eleganten, künstlerisch
wohltuenden Anblick gewährte. Von dem heute beliebten, bis zum Exzeß
unschönen Röhrensystem der ganzen Kleidung sticht jene auf das vorteil-
hafteste ab. Bei den Armeen war der Stiefel wieder in den alleinigen
Besitz der Reiterregimenter zurückgegangen, während die Fußtruppen gleich
der übrigen Menschheit mit Schuhen und Strümpfen angetan waren. Die
Friedfertigkeit dieser zu Salonstücken gewordenen Gegenstände ließ aber
seiner nicht spotten und schickte sich an, das Schlimmste zu begehen, was
es gibt — Gehorsamsverweigerung vor dem Feinde. Es wiederholte sich
eine Erscheinung, die schon vor Jahrhunderten einmal sich bemerkbar gemacht
hatte. Denn sowie der Grenadier oder irgend einer seiner Kameraden
aus dem Bereiche seines Schilderhauses heraustreten mußte und auf Märschen
den Einflüssen der Witterung sowie der oft äußerst ungünstigen Boden-
verhältnisse sich ausgesetzt sah, ergab es sich zur Evidenz, daß sotane Art
von Unterzeug für ernstere Unternehmungen weit mehr ein Hinderungs-
als ein Schutzmittel war. Es wurde daher — in etwas an die Lands-
knechtszeit erinnernd — teils von Leder, teils von Tuch oder fester Lein-