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Durch diese Ehrung wurden die blindlings gehorchenden todesmutigen
Träger von „Königs Rock“ entschädigt für so manche rauhe und harte
Behandlung. Von dieser Zeit her datiert die Sitte, die nach und nach
von allen Fürstlichkeiten angenommen worden ist, daß die Souveräne
auch bei nicht militärischen, vielmehr nur rein sozialen oder politischen
Gelegenheiten oder Handlungen in der Uniform eines ihrer Regimenter
oder in derjenigen eines Generals auftreten.
Friedrich August der Gerechte, der erste König von Sachsen, an dessen
Hute die von ihm am 16. Juni 1815 eingeführte Landesfarbe „weiß und
grün“ als Kokarde angebracht ist, trägt, wie er dies immer mit Vorliebe
zu tun pflegte, auch auf dem Gemälde des Fürstenzuges die rote Uniform
seiner Leibgrenadiergarde mit dem grünen Bande des von ihm gestifteten
Ordens der Rautenkrone.
„Providentiae memor“ — „der Vorsehung eingedenk“ ist die Devise
dieses Ordens. Wenn ein Fürst von der Vorsehung, die er wie jeder
gute Christ als Führung des persönlichen Gottes ansieht, derartig harte,
ja erschütternde Stöße bekommen hat, wie dieser erste König von Sachsen,
und er bleibt dennoch bei diesem Worte als Wahlspruch — so verrät
dies einen ganz ungewöhnlich hohen Grad von Glaubenszuversicht. Und
Hunger und Entkräftung am Fuße des Liliensteines zu kapitulieren sich genötigt sahen und
um Brot flehten, nachdem zweitausend von ihnen eines elenden Todes gestorben waren.
Aber wie trotz ihrer zerrissenen Herzen und zerschlagenen Gemüter der Eindruck von Haltung
und äußerem Aussehen dieser Truppen noch immer ein imposanter gewesen ist, das geben
selbst feindliche Beobachter zu. So sagt z. B. hierauf bezüglich die Geschichte des
Kgl. Preußischen Regimentes Garde du corps von Schöning Seite 75 u. f. folgendes:
„Die zur übergabe gezwungene sächsische Armee ist schön. Besonders kann ich sagen, daß
ich, so lange ich lebe, weder bei uns noch anderwärts etwas Schöneres gesehen habe, als
die vier Eskadrons Garde du corps, jede zu 120 Mann (so sollen sie wenigstens sein)
sowohl an Mannschaften und Pferden, als an Montierung. Man kann von ihnen keine
Beschreibung machen, weil sie keinen anderen Truppen in der Welt ähnlich sehen. Das
Grenadierbataillon Garde ist auch süperbe usw.“ — Hier dürfte es wohl am Platze sein,
nachdem von dem Außeren der sächsischen Armee (wenigstens zur sogenannten Frideri-
cianischen Zeit) geredet worden ist, erstens einmal darauf hinzuweisen, daß die Armee nicht
nur damals, sondern auch späterhin und immer ein gleiches Lob verdient hat.
Sodann aber muß, während der innere Wert unseres vaterländischen Heeres an anderen
Stellen der vorliegenden Betrachtung Erwähnung findet, aus einen Moment aufmerksam
gemacht werden, von welchem viele andere Armcen in der glücklichen Lage sind, nicht be-
troffen zu werden, welches aber angetan ist, den Ruhm der Selbstlosigkeit soldatischer
Tugenden noch zu erhöhen. Ein eigentümliches, schier trauriges Verhängnis hat nämlich
— wie ja aus der Geschichte bekannt — in der Art auf den sächsischen Waffen gelastet,
daß dieselben (wie auch Aster sehr richtig hervorhebt) so sehr häufig, wenn nicht meistens
durch unglückliche politische Verhältnisse veranlaßt, auf diejenige Seite kriegführender größerer
Mächte schlagen mußten, welche zuletzt im Kampfe unterlagen, und — was noch weit schlimmer
ist — recht oft sehr undankbar waren, für das Blut, welches die Sachsen auch ihretwillen
vergossen und die großen Opfer, welche Armee und Volk dargebracht hatten. Da ist es
denn allein unbefleckte Ehre, das reinerhaltene gute Gewissen kriegerischer Tüchtigkeit,
was auch im Unglück Mut und Selbstvertrauen gibt. Allerorten und immer hat die
Weltgeschichte des Verhaltens der Sachsen rühmend und in gerechter Würdigung gedacht.