Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Ideal vor und bildete das „rote Tuch“, durch dessen Anblick die große 
Menge gereizt werden sollte. 
Wie aber auch andererseits das stärkste Gift unter den Händen eines 
Kundigen zur Arznei werden kann, so brachte der in den Köpfen der da— 
maligen Menschheit sich vollziehende Gärungsprozeß dort, wo diese Köpfe 
gutgesinnten, ruhig denkenden und gerecht urteilenden Patrioten an— 
gehörten, Überlegungen zu stande, die zu einer Gesundung im Weiter— 
entwickeln von Staat und Gesellschaft geführt haben.) 
Am 30. September 1830 nahm der alternde König Anton seinen Neffen 
Friedrich August, den Sohn seines hochbetagten Bruders Maximilian (der 
freiwillig auf die Thronfolge verzichtet hatte) zum Mitregenten an. Der 
Einfluß dieses jugendlichen allbeliebten Prinzen, dessen Wort, „Vertrauen 
erweckt wieder Vertrauen“, die dankbaren Sachsen ihm niemals vergessen 
haben, wurde in den Staatsgeschäften bald bemerkbar. Den Forderungen 
des Neuen sich dort nicht verschließend, wo deren Berechtigung erwiesen war, 
erprobtes Altes aber nicht unnötig aufgebend, war der Grundzug der nun- 
mehrigen Regierung (mit dem Minister Bernhard von Lindenau an der 
Spitze). Sie war bestrebt, nach Möglichkeit die vorhandenen und den Gang 
der Staatsmaschine hindernden Gegensätzlichkeiten auszugleichen, ohne freilich 
sich schon so weit in die neuc Zeit haben finden zu können, daß da und dort 
noch manchen anderen berechtigten Wünschen Berücksichtigung widerfahren 
wäre. Das Fürstenwort aber, welches König und Mitregent gegeben hatten, 
dem Lande eine zeitgemäße Verfassung zu erteilen, ging ein Jahr darauf in 
Erfüllung. Nachdem die versammelten, sich der hohen Bedeutung ihrer 
historischen Aufgabe vollbewußten Stände ziemlich sieben Monate lang einer 
mühevollen, außerordentlich verantwortungsreichen Arbeit gepflogen, die 
Regierung aber durch Milde, Nachgiebigkeit und wahren Opfermut, ja heroische 
Entsagung die Vereinbarungen gefördert hatte, wurde am 4. September 1831 
eine neue Verfassung auf freiheitlicherer Grundlage — Konstitution ge- 
nannt — als nunmehriges Staatsgrundgesetz bekannt gegeben. 1) 
125) Ganz erklärlich ist es, daß sich selbst im bestregierten Staate Meinungs- 
verschiedenheiten geltend machen können. Dieselben in loyaler Weise vorbringen zu dürfen, 
ist das Recht der Staatsbürger. „Seiner Majestät allergetreueste Opposition“ kann unter 
Umständen eine berechtigte Erscheinung sein; und der hochherzige Ausspruch Friedrich 
Wilhelms IV.: „Ich liebe eine gesinnungsvolle Opposition“ ist ein Beweis objektiven Durch- 
schauens der Verhältnisse. Auch der beste Royalist kann mit diesen überlegungen einver- 
standen sein. Dieselben nehmen dem Könige keine Perle aus der Krone und ihm kein Ge- 
füge seiner Grundsätze. Die Hoheit der Person des Herrschers wird nicht angetastet; denn 
er ist nicht unfehlbar. Die Worte der Verfassung „die Person des Königs ist heilig und 
unverletzlich“ leiden nicht unter treugemeinter Kritik, sondern unter falschgemeinter Unter- 
würfigkeit, bei der die Schlange lauert. Die Treue muß Grundlage und Korrektiv alles 
Tuns und Denkens sein. Möge diese schönste aller Tugenden in goldenen wie in schwarzen 
Tagen sich immerdar um Fürst und Volk schlingen gleich der grünen Raute, die sich über 
die goldenen und schwarzen Balken des Sachsenschildes windet. 
1250) Dieselbe basiert auf der Verantwortlichkeit der Staatsminister der Vertretung des 
Volkes gegenüber, welches Anteil am Leben und Wirken des Staates nimmt. Das Gottes-
	        
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