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körpers gerechnet werden, auf welchem das prüfende Soldatenauge des für—
sorglichen Wilhelm von Preußen ruhte. In wie reichem Maße aber das
königlich sächsische Armeekorps auch in seiner neuen Gestalt im blutigen
Ernstfalle den höchsten Erwartungen entsprochen und neuen Lorbeer zu
dem alten um seine Fahnen gewunden hat, das zeigt — mit goldenen
Lettern in die Tafeln der Geschichte eingegraben — das Verhalten der
Sachsen im französischen Feldzuge 1870/71. Niemals wird deren Bravour
in Vergessenheit geraten, niemals der Ruhm ihrer tapferen und geschickten
Führer aller Grade erblassen.
Für alle Zeiten steht die Tatsache fest, daß der Kommandierende des
XII. Armeekorps, der ruhmreiche Kronprinz Albert von Sachsen es ge-
wesen ist, der durch die ureigenste Initiative seines persönlichen Feldherrn-
talentes den Sieg bei St. Privat herbeiführte und dadurch eine der
wichtigsten Vorbedingungen — wenn nicht die wichtigste überhaupt — zu
dem siegreichen Ausgange des ganzen Feldzuges geschaffen hat. Beau-
mont und andere Namen reihen sich wie eine Kette edler Perlen an.
Nur einige Züge aus dem Feldzug 1870 mögen hier angeführt sein.
Da leuchtet z. B. gleich die erste Hauptschlacht, die bei St. Privat am
18. August im Glanze höchsten Ruhmes.
Bekannt ist der außerordentlich wichtige Dienst, den an jenem Tage
der damalige Artilleriehauptmann im Generalstabe, Edler von der Planitz
(der nachherige Kriegsminister), geleistet hat, indem er durch einen kühnen
Rekognoszierungsritt dem Kronprinzen Albert die Bestätigung von dessen
Annahme brachte, daß die Stellung des Feindes weit über die festungs-
artige Position von St. Privat hinaus bis Roncourt sich ausdehne. Diese
im gestrecktesten Galopp überbrachte Meldung, welche, wie schon erwähnt,
die Vermutung des Kronprinzen bestätigte, bestimmte letzteren definitiv die
von ihm geplante Umgehung des rechten französischen Flügels anzubefehlen,
wodurch das Schicksal des Tages besiegelt wurde. Der 18. August, dessen
Sonne nicht nur am Himmel blutigrot unterging, sondern deren letzten
Strahlen eine vom Herzblut tapferer Helden rot gefärbte Erde in ihr
goldenes Licht tauchten, gar manchem wackeren Krieger den Kuß der Wal-
küren auf die erstarrten Lippen drückend, verdient aber noch weiterer Er-
wähnung, wo es gilt, Vorbilder ruhmvollen Lebens und Sterbens den
nachkommenden Generationen vorzuführen. Es sei ein jeder darauf hin-
gewiesen, die packende Schilderung zu lesen, welche der deutsche Soldaten-
hort (Jahrgang 1) über eine Episode jener Schlacht gibt, insbesondere das
107. Regiment betreffend, dessen Kommandeur Oberstleutnant von Schweinitz
(einer der 23 sächsischen Offiziere, denen dieser heiße Tag den Tod ge-
bracht hatte) an seiner Spitze gefallen war. „Mit welcher Bravour und
Hingebung die Sachsen den Sturm auf das hartnäckig verteidigte St. Privat
ausgeführt haben, ist mit flammenden Lettern in die Ruhmesblätter der
deutschen Geschichte eingezeichnet“ sagt das Buch von König und Vollborn,
Sachsens Anteilnahme 1870. Generalmajor von Craushaar, welcher, nach-