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allen Beteiligten gleich sympathisch ist. Für Deutschland dürfte diese Art
wohl das allein richtige, weil der Natur des Germanentums entsprechende
System der Zusammenfassung der Einzelstaaten zu einem allen gleich am
Herzen liegenden Gemeinwesens sein.
Dem greisen Könige Johann war die Freude vergönnt, seinem ritter—
lichen Sohne Albert bei dessen Einzuge an der Spitze der aus dem
Feldzuge zurückkehrenden Truppen in Dresden das Attribut der Feld-
marschallwürde persönlich überreichen zu können, welche demselben von Kaiser
Wilhelm I. in gerechter Würdigung der durch dessen hervorragendes Feld-
herrntalent dem Reiche und Vaterlande geleisteten herrlichen, echt fürst-
lichen Dienste verliehen worden war.
Neben Kaiser Wilhelm nahm im einträchtigen Rate der deutschen
Fürsten des Kaisers treuer Freund König Johann bis zu seinem Lebens-
ende einen der hervorragendsten Plätze ein.
An dem im Jahre 1872 gefeierten goldenen Ehejubiläum des geliebten
Königspaares (Maria Amalie war die Tochter Maximilians I. von Bayern) 155)
nahm nicht nur ganz Sachsen, sondern ganz Deutschland den freudigsten
Anteil. Wenn des hochseligen Königs Johann vorbildliche Eigenschaften
als Fürst und als Mensch hier kurze Erwähnung fanden, so darf dessen
Eigenschaft als Christ noch viel weniger vernachlässigt werden. Reines
Herzens und frommen Gemütes, gleichermaßen begabt, mit einer edlen
Seele wie mit durchdringendem Verstande, ist gerade König Johann, dessen
Gelehrsamkeit und Wissenschaftlichkeit von aller Welt anerkannt wird, ein
leuchtendes Vorbild und Beispiel dafür, wie wahre Religiosität mit der Freiheit
der Wissenschaft sehr gut sich vereinigen läßt. „An dem Prinzipe der Voraus-
setzungslosigkeit wissenschaftlicher Forschung hat König Johann unbedingt
festgehalten, ebenso wie an den ewigen Grundwahrheiten der göttlichen
Offenbarung und der christlichen Kirche.“ Die so außerordentlich notwendige
Parität, das friedliche, in treuer gegenseitiger Liebe und Achtung hilfs-
bereite geschwisterliche Zusammengehen der christlichen Konfessionen, in welche
unter Gottes Zulassung nun einmal die Kirche des Gottessohnes geteilt
(nicht gespalten!) ist, fand in dem weisen Könige Johann eine starke und
wohlwollende Stütze (ebenso wie dies von dessen erlauchten Nachfolgern zu
allgemeinster Freude und Befriedigung gerühmt werden kann). Ein Punkt
allein schon beweist die rein objektive Gesinnung des Königs, welche
auf wahrer Sittlichkeit und wahrer Frömmigkeit fest gegründet stand.
Obwohl ein treuer Sohn der katholischen Kirche, in der er geboren, ver-
traute derselbe, hochherzig und weitblickend, die Erziehung seiner Söhne
einem Manne an, der ebenso wie er selbst in erster Linie Christ war.
Es war dies der nachherige Präsident des Oberappellationsgerichtes, Hof-
135) Außer den beiden Söhnen Albert und Georg durfte sich auch eine Tochter dieses
schönen Festes der fürstlichen Eltern freuen: Elisabeth Herzogin von Genua, Mutter der
gegenwärtigen Königin-Witwe Margherita von Italien. Ein Sohn indessen (Prinz Ernst)
und fünf Töchter waren bereits in ein besseres Jenseits abberufen worden.