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und Justitien-Rat Albert von Langenn, ein strenggläubiger und daher
ebenfalls paritätisch gesinnter Evangelischer, der auch als gelehrter Historiker
einen großen Ruf hatte. Die erhabenen Gedanken, welche seinerzeit Prinz
Johann in der von ihm aufgestellten Anweisung über Prinzen-Erziehung
niedergelegt hat, bilden ein leuchtendes Ehrenblatt in den Annalen nicht
nur unseres sächsischen Königshauses, sondern aller fürstlichen Familien
überhaupt. Sie sind es wohl wert, in ihren markantesten Zügen aller Welt
bekannt zu sein. Denn abgesehen davon, daß durch dieselben ein ganz be—
sonders warmer Strahl milden Lichtes auf die Lebensanschauungen unserer
Herrschaften und auf deren Beurteilung menschlicher Verhältnisse geworfen
wird, kann jeder einzelne Mensch, wer und was er auch sein sollte, Lehren
daraus schöpfen. So besagt, nachdem von Gehorsam und anderen wichtigen
Begriffen geredet worden ist, ein Stelle jener Instruktion folgendes: Bei
schicklicher Gelegenheit ist mein Sohn darauf hinzuweisen, daß die ihm
verliehene Stellung ein Geschenk Gottes sei, und dies ihn um so mehr ver—
binde, durch Erwerbung der nötigen Tüchtigkeit und durch treue, keine
Opfer scheuende Pflichterfüllung sich desselben würdig zu machen. Regungen
des Stolzes ist auf diese Weise und wenn nötig durch Darstellung der
Torheit desselben entgegenzuwirken. In reiferen Jahren ist jedoch mein
Sohn auch darauf aufmerksam zu machen, daß es eines Fürsten Pflicht
ist, die ihm von Gott gegebene Stellung zu behaupten. Echte Religiosität,
unter steter Wahrung der Parität unter den christlichen Bekenntnissen,
sowie Achtung vor allen Ständen dem fürstlichen Kinde beizubringen wird
als ebenso notwendig wie selbstverständlich hingestellt.
Den Absichten des treuen Vaters ist der treue Lehrer allenthalben
nachgekommen, und wie segensreich der Einfluß dieser Erziehung für alle
Zeiten gewesen ist, das beweisen Leben und Regierung von König Johanns
Söhnen.
Tief und herzlich betrauert, ebenso herzlich wie er geliebt und verehrt
worden war, starb der teure Monarch am 29. Oktober 1873 in seinem
Schlosse zu Pillnitz. Auf seine hehre Gestalt als Fürst und als Weiser,
deren Vorbildlichkeit noch in den fernsten Generationen ihren Segen fühlen
lassen wird; auf ihn ganz besonders kann der Ausspruch in den Predigten
Salomonis (10, 17) Anwendung finden: „Wohl dem Lande, des König
edel ist." Majestätisch glitt das Schiff auf dem vom Monde geheimnisvoll
beschienenen Elbstrome hin, welches die hohe Leiche des verewigten Sachsen-
königs barg, dieselbe von Pillnitz nach Dresden führend. Von pietätvollem
Verständnis für die Bedeutung des historischen Augenblickes zeugte die
Wahl des Fahrzeuges — „Saxonia“. In schweren Falten schleppte in
den ruhigen Fluten der Behang von tiefschwarzem Tuche, mit welchem,
entsprechend der über ganz Sachsen lagernden schmerzlichen Trauer, jenes
Dampfschiff ausgeschlagen war. In den milden Schein des bleichen Nacht-
gestirns mischten sich die rötlichen Streiflichter der von Leibpagen gehaltenen
Fackeln. Und das dumpfe Geläute der Glocken war so recht geeignet, der