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Stimmung Ausdruck zu verleihen, mit welcher ein ganzes Land — Saxonia —
seinen heimgegangenen Vater auf betendem Herzen in die Gruft seiner
Ahnen begleitete, überzeugt, daß dort nur der Leib ruht, während die bei
Gott weilende unsterbliche Seele segnend von Himmelshöhen herabsieht.
Als wenn der Geist des Dichters der Göttlichen Komödie den edlen Zügen
seines königlichen Interpreten, der im Leben so warmes glühendes Empfinden
für ihn gehabt, noch im Sterben den Stempel der Wahlverwandtschaft
aufdrücken wolle, mußte es berühren: des toten Königs marmorweises
Antlitz gemahnte an die Büste Dantes.
Dem Könige Johann folgte sein Sohn Friedrich August Albert.
Geboren am 23. April 1828, bestieg derselbe den Thron seiner Bäter am
29. Oktober 1873. Seine Heldenseele hauchte er auf eigenem Grund und
Boden zwar im deutschen Vaterlande, doch aber fern von dem engeren
Heimatlande Sachsen aus, nämlich auf Schloß Sibyllenort in Schlesien am
19. Juni 1902. Ein wahrer König, jeder Zoll ein Fürst, ein guter Christ,
ein treuer Sachse, deutsch bis ins Mark, ein Heerkönig, an welchem das
prophetische Wort Late signa feres Saxoniae tuae seines einstigen Lehrers
herrlich in Erfüllung gegangen ist: „Weit in die Welt wirst du rühmlich
die Feldzeichen deiner Sachsen tragen.“
Die Generäle von Engel und von Mangold, seine speziell militärischen
Erzieher, ahnten ebenfalls schon frühzeitig das Feldherrngenie des mit
fünfzehn Jahren als Artillerieleutnant der Armee angehörenden Prinzen.
Letzterer selbst aber vernachlässigte seine allgemeinen Studien, insbesondere die
der von ihm bevorzugten Weltgeschichte durchaus nicht über denen der
Militärwissenschaften, obwohl diese seine Passion wurden. Seine Person
mehrt in weithin leuchtender Weise die Beispiele dafür, wie militärwissen-
schaftliche und universale Bildung in ihrer Verschmelzung cinen ganz be-
sonders schönen Klang abgeben, melodisch abgetönt durch hinzutretendes
hervorragendes Kunstverständnis. Wie das ganze Leben König Alberts ein
vielbewegtes unter dem stürmischen Zeichen der Kriegsgöttin Bellona stehendes
gewesen ist, so waren schon die Zeiten erregte, in deren Lauf die Jugend-
jahre des Prinzen Albert fallen. Die französische Julirevolution von 1830
schlug ihre Wellen weit über den Rhein hinweg in deutsche Lande und
ließ die Bewegung der Geister in dem Wunsche freiheitlicher Regierungs-
formen gipfeln. Hart würde es den Fürsten angekommen sein, von ihrer
Selbstherrschaft den größten Teil auf den Altar des Vaterlandes nieder-
zulegen, wenn nicht auch unter ihnen die Einsicht mehr oder weniger Platz
gegriffen hätte, das Volk habe ein Recht am Mitwirken bei der Gesetzgebung.
Diese Gedanken vertraten ganz besonders die von jeher für das wahre
Wohl ihrer Untertanen eintretenden Mitglieder des sächsischen Königshauses.
Insbesondere auch widmete Prinz Alberts weiser Vater, der nachmalige König
Johann, dem Aufbau der Verfassung lebhaftes Interesse und volle Tätigkeit,
seinen Söhnen immer aufs neue den Grundsatz einprägend, es sei Pflicht
der Herrscher, die Beherrschten glücklich zu machen.