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des Vaterlandes, von hohen Gesichtspunkten geleitet wurde, dafür spricht
unter anderem eine Rede, die Kronprinz Albert im Jahre 1864 als Mit—
glied der Ersten Ständekammer hielt. Folgende Stelle aus derselben sei
hier angeführt: „Es können Zeiten eintreten, wo die Geltung unseres
Vaterlandes von den Taten unserer Armee abhängen kann, wo man weniger
fragen wird nach unserer ausgezeichneten Industrie, nach unserem vortreff-
lichen Ackerbau und unseren guten Gelehrten-Anstalten, sondern wo man
fragen wird: Wie haben sich unsere Sachsen geschlagen? Und danach
wird dann der Wert unseres Vaterlandes bemessen.“
Wie Recht Kronprinz Albert hatte, mit Eifer auf eine immer größere
Vervollkommnung der sächsischen Wehrkraft zu dringen, sollte sich schon zwei
Jahre später in ernstem Waffengange erweisen.
Trotzdem seine Sachsen Teile einer geschlagenen Armee waren, erwarben
sie sich unter seiner Führung die Ruhmestitel, die ihnen voller Bewunderung
von Freund und Feind gezollt werden. Heldenhaft und mit beispielloser
Hingabe haben die Sachsen gekämpft. Ihre Tapferkeit und Unerschrocken—
heit den Waffen des Feindes gegenüber, wie ihr Mut und ihre Stand—
haftigkeit in allem Ungemach bleiben der Geschichte überliefert; ebenso wie
es nie vergessen werden darf, daß sie es gewesen sind, die unter ihres
Kronprinzen Führung die mit ihnen verbündeten Osterreicher vor voll-
ständiger Auflösung bewahrten. Dem Kronprinzen Albert war es vergönnt,
auf den böhmischen Schlachtfeldern vor aller Welt das großartige Feld-
herrntalent zu erproben, welches ihm die Bahn eröffnete, seine damals in
seiner Weite und Größe noch allen unbekannte Lebensaufgabe so glänzend
zu erfüllen, wie es nachmals geschehen. Aus eigenster Initiative bewerk-
stelligte er als genialer Stratege den berühmten Aufmarsch der Sachsen
an der Iser; und das von ihm ebenso geschickt angelegte Gefecht bei Gitschin
würde aller Wahrscheinlichkeit nach gewonnen worden sein, wenn nicht seine
geschickt angesetzten und tapfer kämpfenden Truppen infolge Ausbleibens der
als sicher erwarteten Unterstützungen aller bereits errungenen Vorteile hätten
verlustig gehen müssen. Bei Königgrätz aber ist es Kronprinz Albert ge-
wesen, der den einzig richtigen Schlachtplan entworfen hatte. Merkwürdige
Verblendung ließ, zum Unglücke Osterreichs, den Feldzeugmeister von Benedek
diesen Plan verwerfen. 136) Alberts von Sachsen Feldherrn-Eigenschaften,
135) Kronprinz Albert hatte sich durch sorgfältigste persönliche Rekognoszierung von
der enormen Wichtigkeit und außerordentlichen Güte der Stellung Hradek-Nechanitz überzeugt
und beim österreichischen Oberkommando darauf angetragen, dieselbe besetzen zu dürfen.
Dieses eingehend motivierte Gesuch wurde abgeschlagen. Dagegen erhielt das Sächsische
Korps eine andere Stellung (Tresowitz-Popowitz) angewiesen, welche sich aus der lediglich
linearen Nebeneinanderreihung der Heereskörper ohne jede Rücksichtnahme auf Vorteile
oder Nachteile der Bodengestaltung und sonstige militärische Rücksichten ergab und wohl
zu den Zwecken einer bevorstehenden Parade, niemals aber zu denen einer entscheidenden
Defensiv-Schlacht sich geeignet hätte. Lediglich am grünen Tisch und auf der Karte ausgesucht,
auf durchaus falschen Voraussetzungen beruhend, erwies diese Stellung sich als völlig un-
zweckmäßig und wurde auch sofort vom Kronprinzen Albert und dessen sächsischen General=