Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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mancher ergraute Mann vor ihm und nach ihm ersehnt, was Dichter und 
Sänger erhofft, was die Volksseele ersehnt hatte. Das einheitliche und 
förderative Deutsche Reich trägt das ideale Motto an der Stirn: „Eins 
nach außen — schwertgewaltig —. Doch im Innern vielgestaltig.“ So 
muß es immerdar bleiben. Einer der wertvollsten tatkräftigsten Vorkämpfer 
der deutschen Reichsidee nach innen wie nach außen war Albert von Sachsen. 
Was derselbe getan und geleistet, der als einer der glänzendsten, kriegs— 
gewandtesten Ritter die Tafelrunde erst des Königs, dann des Kaisers 
Weißbart zierte und den Franzosen in erster, der ganzen Welt in zweiter 
Linie zeigte, was deutsche Kraft in deutscher Einigkeit, bei deutscher 
Gründlichkeit und Geschicklichkeit zu leisten vermag, der als „Schildhalter 
des Reiches“ mit starkem Arm und hellem Geiste dieses Ehrenamtes 
waltete, in welches der wahrsprechende Volksmund ihn eingesetzt hat, dessen 
Feldherrngröße mit jedem Tage wuchs und freudige, neidlose Anerkennung 
fand allenthalben — das steht fest eingeprägt in den Herzen aller Deutschen. 
Aus demselben Felde der Ehre, auf welchem die todesmutigen preußischen 
Garden in geradezu antik-heroischer Heldenhaftigkeit sich beinahe verblutet 
hätten, wuchsen auch ihren sächsischen Brüdern, wuchsen den sächsischen 
Truppen neue Lorbeeren zu ihren alten, stieg das Feldherrngenie des Kron— 
prinzen Albert zu immer gewaltigerer Größe. Und wie der ebenso geist— 
als kenntnisreiche preußische Militärschriftsteller Hoenig 135) ausdrücklich be- 
tont, müssen die Anordnungen des sächsischen Kronprinzen bei Nouart und 
diejenigen, welche die Schlacht bei Beaumont herbeiführten, den besten 
Feldherrnhandlungen Napoleons I. an die Seite gestellt werden 
Zwei Tage nach der Schlacht von St. Privat ward Kronprinz Albert 
an die Spitze der neu geschaffenen IV. Armee gestellt, welche aus dem 
preußischen Gardekorps, dem preußischen 4. und dem sächsischen 12. Armee- 
korps sowie vier Kavalleriedivisionen bestand und nach ihrer Haupt- 
Operationsbasis, der Maas, den Namen Maas-Armee erhielt. 
Zum ersten Male in der Weltgeschichte waren somit einem sächsischen 
Prinzen preußische Truppen zur Führung anvertraut. Auch diese Tatsache 
war eine Etappe mehr auf dem Wege zur deutschen Einigkeit; und wieder 
war es die hell leuchtende Gestalt des Kronprinzen Albert in dessen Eigen- 
schaft als gottbegnadeter Heerführer, welche als Werkzeug diente. In 
seinem echt soldatischen, anspruchslos einfachen, doch dabei ehrfurchterweckenden 
Wesen lag trotz ruhigen Ernstes von jeher etwas Bestrickendes, welches 
machte, daß die Armee vom General bis zum Tambour mit Liebe und 
unbegrenztem Vertrauen zu ihm erfüllt war. Die Preußen empfanden dies 
138) Jener vielerfahrene, vor allem aber auch wegen seiner strengen Wahrheitsliebe 
bekannte ehemalige Hauptmann Fritz Hoenig, welcher viel zu früh vom Tode ereilt wurde, 
erhielt bei seiner Bestattung am 16. März 1902 durch den amtierenden Geistlichen ein be- 
sonders schönes Ehrendenkmal dadurch errichtet, daß er als ein Wahrheitskämpfer im Sinne 
des Apostel Paulus geschildert wurde, dessen Ausspruch befolgend: „Ich vermag nichts 
gegen die Wahrheit, aber alles für die Wahrheit.“
	        
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