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Gottes vom Tode verschont geblieben und dem grausigen Geschicke entgangen
war, welches unmittelbar an seiner Seite den Kreishauptmann Hübel be—
troffen hatte. Auf einer Reise zur Besichtigung industrieller Anlagen hatte
König Albert in Begleitung jenes hohen Regierungsbeamten, der hier tat—
sächlich sein Leben auf dem Felde der Ehre aushauchte, in einer Fabrik
zu Mylau den Aufzug bez. Fahrstuhl betreten, um von einem Geschosse
ins andere befördert zu werden, als die Maschinerie versagte und Kreis—
hauptmann Hübel erschlagen zu des Königs Füßen niedersank. — Städte-
namen wie Chemnitz, Plauen, Crimmitschau brauchen auch im Auslande
nur genannt zu werden, um allen das Bild von Sachsens Weltstellung
in Bezug auf Industrien jeder Art hervorzuzaubern. Der berühmte Roth-
schönberger Stollen unter und der weltbekannte Halsbrückener Schornstein
über der Erde können gewissermaßen als Umrahmung all der kunstvollen
wie geistvollen Errungenschaften gelten, die einen so großen und achtung-
gebietenden Raum gerade in unserem Vaterlande Sachsen einnehmen. Der
Rothschönberger Stollen, der eine Herstellungszeit von 33 Jahren in An-
spruch genommen hat, 1877 in Betrieb gesetzt wurde und zur Entwässerung
der Freiberger Bergwerke dient, läuft im Triebischtal bei Meißen aus und
hat eine Länge von etwa 50 km, während seine Tiefe durchschnittlich
125 m beträgt. Der Schornstein in Halsbrücke bei Freiberg aber, von
dem Architekten Heinicke aus Chemnitz 1889 an der Stelle aufgeführt,
wo ein Jahrhundert früher das erste und bedeutendste Amalgamierwerk in
Europa erstanden war und 1815 die erste Leuchtgasfabrik errichtet wurde,
ist mit seinen 144 m die höchste Esse der Erde; wobei die Bemerkung
nicht uninteressant sein dürfte, daß bei großem Sturm eine Achsenabweichung
von 10 cm an dieser Esse festgestellt worden ist, ohne daß dem Bauwerke
dadurch Gefahr drohte. Die Türme des Kölner Domes sind nur 17 m
höher. Die Höhe des Eiffelturmes, dieses Riesenspielzeuges in Paris,
freilich beträgt mit 300 m das Doppelte unseres Schornsteins und
etwas mehr.
Leider allerdings ist auch in unserem engeren Heimatlande aus dem
Sumpfe niedrigster Leidenschaften heraus, in Gestalt anarchistischer wie
atheistischer Sozialdemokratie, ein giftiger Wurm erstanden, der von Unbot-
mäßigkeit und Unglauben wie von Unverstand und Unzufriedenheit Nahrung
erhaltend, sich zu immer erschreckenderer Größe auswächst und an den
Fundamenten von Staat und Gesellschaft nagt. Daß die Entstehung jenes
Drachen zeugenden Sumpfgebietes durch die Religionslosigkeit und Christus-
feindschaft gewährleistet worden ist, in welcher jetzt Tausende und Aber-
tausende von Menschen in trauriger Verblendung, aber legalisiert durch die
modernen Gesetze schrankenlosester Freiheit, ihr Heil sehen, das dürfte
ohne weiteres auf der Hand liegen.
Diese Tausende, welche teils durch den Mangel jeglichen wahren
Pflichtgefühles sowie das gänzliche Fehlen ihres Verantwortlichkeitsgefühles
Gott gegenüber auf die Bahn des Revolutionierens gelangt, teils durch
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