Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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werden sollten, die nirgends ausbleiben) ein Beispiel nehmen. Herzerquickend 
und wie eine Oase in der Wüste des Materialismus der Zeit sind z. B. 
die Reden des Kultusministers von Seydewitz. Außer durch Gesetze und 
Verordnungen ist derselbe bestrebt, seinen Organen und dem Lande ge- 
wissermaßen menschlich nähertretend und in weiser Befolgung des Wortes: 
„Wer die Jugend hat, der hat die Zukunft“ auf Lehrerschaft und Er- 
ziehungswesen einwirkend, den Geist des Christentums und wahrer Reli- 
giosität als die Grundlage aller kulturellen Tätigkeit in fortwährende Er- 
innerung zu bringen. 
So wie König Albert als ein rechter Landesvater von allen Landes- 
kindern, außerdem aber auch als vortrefflicher Fürst weit über Sachsens 
Grenzen hinaus verehrt und geliebt wurde, so genießt dieselbe Liebe und 
Verehrung seine hinterlassene erlauchte Gemahlin die Königin-Witwe Carola. 
Als Tochter des schwedischen Prinzen Gustav Wasa und dessen Ge- 
mahlin, der Prinzeß Luise von Baden, am 5. August 1833 geboren, ver- 
mählt mit dem damaligen Prinzen Albert am 18. Juni 1853 ¼½0), hat sich 
die hohe Frau allezeit als Landesmutter im edelsten Sinne und in hin- 
gebendster Weise durch fortwährende Ausübung von persönlichem Wirken 
und organisatorischem Leiten der Nächstenliebe und Barmherzigkeit bewährt. 
Da ihr Mutterfreuden vom Himmel versagt blieben, so widmete sich Königin 
Carola um so eifriger den Liebeswerken aufopfernden Samaritertums. Eine 
echte deutsche Frau, mit linder Hand die Wunden verbindend, die in heißer 
Männerschlacht geschlagen worden, hat sie hilfreich waltend gewirkt in den 
  
110) Am 18. Juni 1903 würde demnach das hohe Paar das Fest der goldenen Hochzeit 
gefeiert haben. Und es ist der letzte große Wunsch des sterbenden Königs gewesen, es 
möge ihm beschieden sein, diesen Tag noch zu erleben. — Gottes Wille hatte es anders 
beschlossen. — Trotz der aufopferndsten Pflege, insbesondere seiner hohen Gemahlin, und 
trotz der größten ärztlichen Kunst und Geschicklichkeit der Leibärzte (Fiedler, Selle und 
Hoffmann) mußte König Albert — wie schon an anderem Orte erwähnt — am 19. Juni 1902, 
also einen Tag nach demjenigen seine Heldenseele aushauchen, welche die 49. Wiederkehr 
seines Hochzeitstages gebracht hatte. 
Ein hierauf bezügliches Gedicht, das Dr. Kurt Warmuth, Oberlehrer am Georg- 
Gymnasium, welches die von der gesamten königlichen Umgebung bezeugte historische Wahrheit 
in ergreifender Weise schildert, hat folgenden Wortlaut: — 
Der König war dem Tode nah — Es war am hochgeweihten Tag, 
Er fühlte, stillgefaßt, sein Kommen! — Der einst zur Ewigkeit verbunden 
Schön wie ein Sieger lag er da, Bei heißer Liebe Herzensschlag 
Der müd von großen Taten ruht; Am Traualtar das hohe Paar — 
Mild wie ein Vater, allverehrt, An Jugendkraft und Schönheit gleich, 
Ein Wandrer, der zur Heimat kehrt An Tugend und an Hoffnung reich, 
Und nichts auf Erden mehr begehrt. Doch nun ergraut und altersbleich —. 
— Nur wenn er ihr ins Auge sah, Wie drauf allein der König lag, 
Die ängstlich pflegend, treu und lieb, Dacht er, im Auge Tränenglanz: 
Ihm Tag und Nacht zur Seite blieb, „Wie strahlte sie im Myrtenkranz! 
Verließ ihn fast sein Heldenmut: Zur goldnen Hochzeit fehlt ein Jahr. 
Sein starkes Herz schlug schmerzbeklommen. Ist's möglich, Herr, laß mich gesunden.“ 
  
(Fortsetzung siehe nächste Seite.)
	        
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