Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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nischen Gemüter, auf Äußerlichkeiten als auf die Wesenheit sehend, wurden 
durch Äußerlichkeiten beruhigt. War es doch auch nicht die alte Krone 
Dagoberts und des heiligen Ludwig, die der Gewalthaber sich aufsetzte. 
„Trostreicherweise“ war ja das legitime Königtum vernichtet, wenn auch 
ein ganz unberechtigter Usurpator auf dem „ersten Throne der Christenheit“ 
saß. Die königlichen Gardes du corps und Gens'darmes waren gefallen, 
gefallen als die verabscheuenswürdigen Träger eines „gegen die Freiheit 
der Nation verstoßenden“ Gedankens an Feudalwesen, Vasallentreue und 
Aristokratie. Dafür wurden erst die unverfänglichen Guiden ins Leben 
gerufen, die beileibe nicht etwa als Ehrenwachen und Ehrung, sondern 
lediglich zum Zwecke der besseren Befehlsvermittelung ganz harmlos hinter 
dem alles beherrschenden Konsul und Feldherrn postiert waren und den— 
selben als Eskorte begleiteten. Dann entstanden die Chasseurs à cheval 
der Kaisergarde, deren dunkelgrüner Waffenrock dadurch besondere Ehrung 
fand, daß Napoleon ihn als sein tägliches Kleidungsstück erkor und dann 
— der Konsulargarde entstammend — die Alte Garde, welche „stirbt, aber 
sich nicht ergibt". Die goldenen Lilien, die sich einst so stolz vom blauen 
Grunde abgehoben hatten, lagen zur Wonne und Genugtuung der einst 
so ritterlichen Landsleute Bayards unter den Füßen der als gallische Hähne 
einherschreitenden Citoyens. Daß dieselben Freiheitsschwärmer sich zu 
Tausenden auf den Wahlstätten des Korsen hinschlachten ließen, um dessen 
Ehrgeizes willen, war ja ganz etwas anderes. Dieses Verhalten brauchte 
ja nicht an das verpönte Gefühl monarchischer Treue zu erinnern. Adler 
und Trikolore, triumphierend über die Oriflamme und das Weiß der Le- 
gitimität, waren ja ganz etwas anderes als die Feldzeichen der Bourbons 
und Valois. Es tat der „so geheiligten Menschenwürde"“ durchaus keinen 
Abbruch, vom Empereur sich en canaille behandeln zu lassen, hatte man 
doch dabei die erhebende Genugtuung, sich vor keinem Könige beugen zu 
müssen. Le Roy est assassiné — (denn „mort“ schlechthin kann es wohl 
nicht gut heißen) — Vive l'’empereur! Bevor der letztere Ruf gelernt 
war, mußte er, nach Absolvierung des Vive la republique, an dem Vive 
le premier consul! gelernt werden. Und er war gelernt worden. So 
trug auch erst die Konsular-Armee die neuen Kopfbedeckungen, bevor die 
Armee des Kaisers mit ihnen geziert wurde. Mit dem kleinen Hute des 
„Petit caporal“, der als Phönix aus der Asche der Hüte des ancien. 
régime erstanden war und mit dem Tschako, jener Erfindung der Neu- 
zeit, welche den Zweck verfolgte, das Alte und Bisherige vergessen zu lassen, 
ging der Helm der Antike Hand in Hand. Jene Epoche der Götter 
Griechenlands und der Göttinnen Roms war nänmlich seitens der Durchgangs- 
Republikaner als goldenes und vorbildliches Zeitalter gefeiert worden und 
alles, was an sie erinnerte, ward als an das zurückerwünschte Heidentum 
anklingend und eine vermeintliche „goldene Freiheit“ atmend stürmisch be- 
grüßt. Wie die als Heldinnen der republikanischen Idee sich aufspielenden 
Damen der Pariser Salons sich à la grecque und nach dem Muster der 
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