Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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schrei an unter den glühenden Strahlen sengender blendender Mittagssonne, 
bis fahle Dämmerung sich über Wald und Flur ausbreitet, bis die kühlende 
Nacht Weiler und Dörfer, Scheunen und Ställe, Mensch und Tier unter 
ihre schützenden Fittiche nimmt. Beide arbeiten, und Arbeit adelt das 
Menschengeschlecht. Ob mit Arm oder Kopf — gleichviel, es arbeitet jeder, 
der Nützliches schafft. Daher gelten auch für jede Arbeit Schillers Worte:17) 
„Arbeit ist des Bürgers Zierde, 
Segen ist der Mühe Preis. 
Ehrt den König seine Würde, 
Ehret uns der Hände Fleiß." 
Ob auf, ob unter der Erde arbeiten, gleichviel. Weder Schwerter 
noch Helme, weder Federn noch Schienen lassen sich schmieden, weder Zirkel 
noch Kompaß sich herstellen, wenn nicht des Bergmanns rastlose Tätigkeit 
das Erz dazu fördert. Die Pflugschar könnte nicht die Scholle ritzen, 
und fleißige Hände könnten keine Nadel führen, wenn jene Braven unter 
der Erde müßig wären. Hochöfen und Eisenhämmer müßten still stehen, 
die Industrie, die einen so großen Ehrenplatz im Vaterlande einnimmt und 
so großen Segen von sich ausgehen läßt, wäre vernichtet, wenn die Kohlen 
ausblieben und all das Material fehlen würde, welches zur Erzeugung 
der Maschinen erforderlich ist. Eisenbahn und Schiffahrt müßten den 
Verkehr einstellen; dem Handel, der so reichen Nutzen sich selbst und manchem 
anderen bringt, wäre der Lebensnerv unterbunden. Und die menschliche 
Gesellschaft fiele tausende von Jahren in der Kultur zurück, wenn wieder 
Vieh und Rohprodukte die Stelle des Wertmessers annehmen müßten, den 
jetzt mit Gold, Silber und Kupfer (und freilich auch Papier von Lumpen) 
das Münzwesen bildet. 
Weit trauriger und viel folgenschwerer noch, von unabsehbaren Konse- 
quenzen namenlosen Elendes begleitet, würde die Arbeitseinstellung des 
Landmannes sein. „Denn wäre nicht der Bauer, so hätten wir kein 
Brot!“ Da ist es von nicht hoch und dankbar genug anzuschlagender 
Bedeutung, daß gerade in Sachsen, diesem blühenden Lande höchstentwickelter 
Industrie, diesem besonders wohl geordneten Staatswesen, dessen Leitung 
von der Wichtigkeit und Bedeutung eben dieser Industrie, wie nicht minder 
  
171) Wie das „Dienen“ so ehrt auch das „Arbeiten“. Ja, beides ist im Grunde das- 
selbe. Das stolz-demütige Wort des blinden Böhmenkönigs und seines überwinders bei 
Crecy, des „Schwarzen Prinzen“ — Ich dien! — würde keinen Sinn haben, wenn es 
nicht gleichzeitig bedeuten sollte: ich arbeite. Mit dem rechten Arbeiten aber ist das 
rechte Beten verbunden. Ora et labora ist eine alte Mahnung. Dienen und arbeiten 
geschieht in letzter Instanz immer zur Ehre Gottes und in Befolgung seiner Gebote. Für 
alle ehrlichen Gewerbe steigen allsonntäglich die Gebete der Christenheit aus den Kirchen 
empor, ebenso wie es erhebend und schön ist, daß an derselben heiligen Stelle Gott gebeten 
wird, dem Könige königliche Gedanken zu verleihen. Wie viel, wie unendlich viel liegt in 
dieser kurzen Fürbitte.
	        
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