Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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wohl Glanz und Ruhm und Siege äußerlicher Waffen, aber wie oft sind 
mit diesen Machtfaktoren Kälte des Herzens und Starrheit des Gefühls 
verbunden. Ehrenpforten werden immer von Liebe errichtet, jenem ewig 
dauernden Siegeszeichen innerer Erfolge. Mit Fruchtgewinden ist der 
Pfeiler umwunden, an den der Eröffner des Zuges schon nahe heran— 
gekommen ist. Zum Zeichen, daß er in friedlicher Absicht naht, erscheint 
des Herolds Stab mit grünem Kranz versehen, und bunte Bänder flattern, 
die Freudigkeit der Feststimmung andeutend, lustig im Winde. Croyirer 
und Krieer, also Ausrufer (vom altfranzösischen Croyer und Krier), 
wurden auch in Deutschland während des frühen Mittelalters, jene mit den 
Sitten und Gebräuchen der Völker verschiedendster Gegenden wie mit den 
Beziehungen der Höfe untereinander und den dort üblichen höfischen Formen 
gleich vertrauten waffen= und wappenkundigen Leute genannt, denen es 
oblag, Kunde von einem zum andern zu bringen. Ohne im Dienste eines 
bestimmten Herren zu stehen, waren dieselben demjenigen am meisten zu- 
getan, von dem sich am meisten erzählen ließ, dessen Eigenschaften am meisten 
Veranlassung gaben, sein Lob zu verkünden. Eine besondere Art jener Aus- 
rufer und Ausposauner waren die vertrauten, im Gegensatz zum Bekannt- 
geben an alle Welt mit geheimen Aufträgen entsendeten reitenden Boten, 
zu denen in der Regel junge und dabei doch erfahrene, mindestens hervor- 
ragend geschickte Krieger (meist erbare Kint, das heißt Junker) ausgesucht 
wurden. Der Weg, selbst Ritter zu werden, stand denselben durch ihre 
Aufführung offen, und man kann bei ihnen an die auf der Vorstufe zum 
Offizier stehenden französischen Guiden oder preußischen Feldjäger denken. 
Alle die Krieer oder Croyer aber, aus denen dann die Herolde hervor- 
gingen, dürften füglich prosaische Sänger genannt werden können. Denn, 
wie der überall gern gesehene (freilich gesellschaftlich höher stehende) Sänger 
von Hof zu Hof, von Burg zu Burg zog, in melodischen Versen alle Ge- 
schehnisse und Tagesereignisse an jenen oft gar einsamen Stätten zu berichten, 
so kamen die Rufer beim Beginne von Turnieren oder ähnlichen Ver- 
anstaltungen von überall her zusammen, um im Feldlager und in den Zelt- 
reihen, wie nicht minder auf den Straßen der Städte, die den herbeiströmenden 
reisigen Kriegshaufen als Sammelpunkte dienten, Namen und Wappen, 
Heimatszugehörigkeit, Rang und Würden der jeweilig neu eintreffenden 
Fürsten und Herrn dem Heer und Volke vorzustellen. Insonderheit machte 
es Rufenden wie Hörenden stets große Freude, von den bereits verrichteten 
Taten vernehmen oder berichten zu können. Allenthalben aber wird von 
Dichtern wie Geschichtsschreibern rühmend hervorgehoben, daß hierbei allzeit 
vollständig objektiv und unparteiisch verfahren und das Lob nur nach Gebühr 
verkündet worden sei. Gefallsucht und Schmeichelei sind überhaupt dem 
wahren deutschen Wesen abhold. 
Bevor von den einzelnen Gruppen und Persönlichkeiten des Zuges, 
unter Hinweis auf deren Tracht und Erscheinung, gesprochen werden soll, 
sei es vergönnt, erst einen Blick auf die Rosse zu werfen; jene Haus-
	        
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