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genossen der Menschen, deren Zugehörigkeit zur gesamten Kulturentwickelung
von alters her eine so große und innige gewesen ist.
Durch seine tatsächlich oft menschenähnlichen Eigenschaften der Treue
und Aufopferung, der Klugheit, der Ausdauer und des Verständnisses im
Dienste seines Herrn, hat jenes edle Tier schon von Urzeiten her eine der—
artig vertraute Stellung dem Menschen gegenüber inne, daß kein Helden—
gesang existiert, in dem nicht neben den Helden auch deren schöne Rosse
aufgeführt und besprochen werden, die Dichter und Erzähler als in einem
von Liebe und Vertrauen getragenen Freundschaftsverhältnis zu jenen
stehend schildern.
Kein Geringerer als Homer leitet die Darstellung großer Erreignisse
mit den Worten ein: „Wer denn war wohl der Beste von Männern und
Rossen, die des Atreus Söhnen gefolgt sind?“ — und führt nun zunächst
die Rosse auf. Und wie die Griechen, so sind sämtliche arische Volksstämme
vermöge ihrer auf Kriegstüchtigkeit fußenden Neigung zum Vollbringen
großer Taten mit dem mächtigen Kulturgenossen geradezu verwachsen, als
den sich das Pferd von den ersten Zeiten des gemeinsamen Auftretens an
erwiesen hat.a#)
Wenn auch ihrem Ursprung nach kein eigentliches Reitervolk, wie die
Schthen und Perser, Ungarn und Araber, ist gerade aus der Art, wie die
Germanen sich mit dem Pferde und dessen Dienstbarkeit beschäftigt haben,
verbunden mit ihrem tiefinnerlichen Empfinden und ihrem Streben, alles
zu veredeln, was ihnen auf dem Lebenswege vorkommt (und der Lebensweg
einer Nation ist lang), das Reitertum zum Rittertum, zur herrlichsten und
edelsten Entwickelung gediehen. Mit der französischen Auffassung und Aus-
übung vereint, hat es jene schönste Blüte des kindlich frohen, heiteren
Mittelalters hervorgebracht, welche im Minnedienst und Frauenverehrung
gipfelt. Omnis nobilitas ab equo (aller Adel kommt vom Rosse) sagt
ein Sprichwort jener Tage, und wenn dasselbe auch nicht durchaus wahr
ist, so liegt doch viel Wahres in ihm.
Als Kriegsroß ist das Pferd seit Jahrtausenden der treue Genosse und
Verbündete aller Helden, in den großen Entwickelungskämpfen der Menschheit,
wie in den kleineren Streiten innerhalb derselben gewesen. Eine uralte
ägyptische Sage gibt hierzu weitere Bestätigung. Osiris fragte nämlich
den Horus, welches Tier er für das zum Kriege nützlichste halte, und erhielt
21) In der griechischen Sage entsteht das Pferd durch Aufstampfen Poseidons mit
dem Dreizack auf die Erde; die Verwandtschaft des schnellfüßigen Rosses mit den reißenden
Bächen und Strömen andeutend, die in unaufhörlichem Laufe dem Meere entgegen eilen.
Allvater, der oberste Gott der Germanen, der als Wodan selbst auf dem aus einer Wetter-
wolke zu einem Götterpferde gewordenen Grauschimmel Stleipnir reitet, schuf sofort, nach-
dem er Nacht und Tag eingesetzt hatte — gleichfalls aus Wetterwolken —, der Nacht ein
schwarzes, weißschäumendes, dem Tage ein hellschimmernd weißes, goldmähniges Roß.
Allah aber, dem Gott der Araber, der den Menschen aus Erde, das Pferd aus dem
Winde hat erstehen lassen, gibt Mohamed die Worte in den Mund: „Nichts habe ich
erschaffen, was mir teurer wäre, als den Menschen und das Pferd.“
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