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sie sich von dem römischen Einflusse des Kurzscherens emanzipierten, dessen
Banne sie eine Zeitlang unterlegen waren, hielten sich, bis die Rücksicht
praktischer Zweckmäßigkeit, welche es nicht ermöglichte, unter Topfhelm und
Sturmhaube eine Haarfülle unterzubringen, eine Kürzung verlangte. Nur
erscheint — das darf nicht verschwiegen werden — die Möglichkeit des
Schnurrbartes zum Kettenhemd sehr fraglich. Die Kreuzfahrer sind seinerzeit
sämtlich bartlos in den heiligen Krieg gezogen, und auch später blickt aus
der Kapuze des Panzerhemdes immer ein glattes Gesicht in die Welt.
Sonst aber könnte selbst der „alte Wrangel"“, der einst dem Künstler, welcher
ihm ein Paar Ahnenbilder malen sollte, den Grundsatz einschärfte: „Die
größte Hauptsache ist der ordonnanzmäßige Anzug“, mit dem ganzen Ge-
mälde zufrieden sein. Ja auch die Ahnlichkeit der Gesichtszüge, auf welche
der greise Feldmarschall zu Gunsten des „ordonnanzmäßigen Anzuges“ ver-
zichten zu sollen glaubte, ist neben jener Bedingung innegehalten.
Faßt man nun die erste Gruppe des Zuges besonders ins Auge, so
fällt unwillkürlich die bauschige Weite der Friedensgewandung auf, deren
Angelpunkt — wenn man so sagen darf — in der von den Römern über-
nommenen Tunika bestand. Über dieselbe ward der über die Schulter ge-
worfene, mit einer Fürspange gehaltene Mantel getragen. Dieser faltigen,
fast könnte man versucht sein zu sagen weibischen, von den alten Senatoren
entlehnten Tracht steht die enganschließende der eisernen Kriegskleidung schroff
gegenüber. Letztere, das ganze Mittelalter hindurch unter dem Sammel-
begriff „Harnasch“ zusammengefaßt, besteht zu jenen Zeiten, das heißt etwa
vom 11. bis 13. Jahrhundert, teils aus dem altüberlieferten ledernen Wams,
mit übereinander darauf genähten und gesteppten Eisen = Schuppen, der
Brünne, teils aus dem engen Kettengeflecht eiserner Ringe, dem Panzerhemd.
An beiden dieser Rüststücke waren zur Verstärkung und nochmaliger Sicherung
besonders gefährdeter Körperstellen eiserne Dichtungsteile angebracht. Über
die eisengeflochtene Kapuze (Caput, caputze) stülpte man den Sturm= oder
Eisenhut, später den Topfhelm, in noch späterer Zeit den Kübelhelm. Die
Beine staken in der maschengeflochtenen Eisenhose, einem trikotartigen Gewebe
von Eisendraht, welches auch die Füße umfaßte, also gleichzeitig Strumpf
war. Die schon gelegentlich der Pferdeausrüstung erwähnte Unterlage von
weichem Stoff, zum Schutze des Körpers gegen den sonst einschneidenden
Druck des Kettengeflechtes, durfte auch bei den Menschen natürlich nicht fehlen.
Deutlich läßt sich die Befestigungsart der Sporen wahrnehmen, ebenso
wie die Manipulation der Befestigung des Schwertgurtes, nämlich mittelst
Durchsteckens des einen Riemen-Endes durch einen Schlitz am anderen Ende.
Lehrreich ist auch die Beobachtung des verschiedenen Schuhwerkes, resp.
der Fußbekleidung überhaupt. Nicht minder sind die zur Anschauung ge-
langenden verschiedenen Kopfbedeckungen interessant, ausgehend von der
Urform des Schepel. Daß fröhliche Weisen den Zug begleiten und daher
Musikanten die erste Stelle hinter dem Herold einnehmen, ist nicht mehr
wie recht und billig. Keiner von uns allen würde sich — ganz abgesehen