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Politisch-Geschichtliches.
II.
Mit der Wahl Rudolfs von Habsburg 1273 war das Deutsche Reich
in einen neuen Abschnitt seiner Entwickelung eingetreten. Das Wahlkönigtum,
der früher innegehabten Machtmittel, auf denen es ruhte oder doch ruhen
sollte, vielfach beraubt, sah, daß es dem mehr oder weniger erblich gewordenen
Reichsfürstentum gegenüber nur dann sich behaupten konnte, wenn es eine
bei weitem festere Grundlage gewann als sie die jeweilige Hausmacht eines
neuen Königs darstellte. Denn häufig genug war ein König gerade deshalb
gewählt worden, weil seine sogenannte Hausmacht als eine kleine bekannt
war. Die Habsburgsche Politik setzte gleich mit dem Auftreten des ersten
Habsburgers ein.
Das Bestreben des Königtums gipfelte teils im Ankaufe aller nur mög—
lichen Ländereien für die Krone, teils darin, daß mit Eifer gesucht wurde,
alle diejenigen Reichslehen als erledigte einzuziehen, bei denen der Heimfall
an Kaiser und Reich nur irgendwie als eine berechtigte Maßnahme erscheinen
konnte. Für eine „passende“ Verwendung dieser Territorien wollte Habs—
burg schon sorgen.
Einleuchtend ist, daß derartige aggressive Pläne gerade auf die Wettin—
schen Lande um so mehr einwirken mußten, je intensiver nach dem Tode
Heinrichs des Erlauchten dort die Zerrüttung um sich griff. Das Pleißner—
land, welches (wie schon erwähnt) Heinrichs Sohn Albrecht von Kaiser
Friedrich II., seinem Schwiegervater, als Hochzeitsgabe erhalten hatte, wurde
ungerechtfertigterweise von Kaiser Rudolf eingezogen, nachdem derselbe vorher
Steiermark und Österreich für das Haus Habsburg erworben hatte. Rudolfs
Nachfolger auf dem deutschen Königsthron, Adolf von Nassau, zog nun auch
Meißen und die Lausitz als — nach seinem Begriffe — erledigtes Reichs-
lehen ein. Zudem brachte Albrecht, mit vollem Rechte „der Entartete“
oder im Volksmunde „der Unartige“" genannt, von 1288 bis 1307
regierend, sich und dadurch sein ganzes Haus derartig allenthalben in Miß-
achtung und wirtschaftete so toll, so vernunft- und pietätlos, daß nicht viel
daran gefehlt hätte, die gesamte Wettiner Macht und Herrlichkeit wäre für
immer verloren gegangen. Nachdem er bereits 1291 das Gebiet von Lands-
berg an Brandenburg veräußert hatte, verkaufte Albrecht, der, außer einer
blinden Passion für seinen illegitimen Sohn Apitz, weder für Vater, Brüder
oder Söhne, noch auch für Untertanen und Land den kleinsten Funken von
Liebe in seinem gänzlich aus der Art geschlagenen Herzen trug, ganz Thüringen
und seine Ansprüche an Meißen dem König Adolf. Dieser hatte ein Jahr
vorher das Pleißnerland an König Wenzel von Böhmen verpfändet und
setzte letzteren nun auch als Reichsstatthalter über Meißen und das Oster-
land ein. Die Macht der Wettiner lag, für den Augenblick, gebrochen zu
Boden. Was war aber auch Albrecht für ein Fürst — für ein Mensch?
Ein abschreckendes Beispiel nach aller und jeder Richtung hin. In unrecht-