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mäßiger Leidenschaft zu einem Hoffräulein, Kunigunde von Eisenberg, deren
Sohn Apitz er mit seinen übrigen Kindern — Heinrich, Friedrich und Diez-
mann — gleich zu stellen, ja sogar ihm bedeutende Vorteile vor jenen zu
geben beabsichtigte, hatte, wie berichtet wird, Markgraf Albrecht einen Meuchel-
mörder gedungen, mit dem schmachvollen Auftrage, durch einen Dolchstoß
ihn von seiner edlen Gemahlin, der Tochter Kaiser Friedrichs (des letzten
Hohenstaufen auf dem Kaiserthrone), ledig zu machen. 5)
Der rührende Anblick der frommen Dulderin bewegte indessen das
sonst rauhe Herz des Kriegsknechtes derartig, daß derselbe nicht nur von
der geplanten Mordtat abließ, sondern mit eigenen Händen der Armsten
zur Ausführung schleuniger nächtlicher Flucht verhalf. Es war in der Nacht
des 24. Juni 1270. Bevor sie die schwanke Strickleiter bestieg, die vom
hohen Söller der Wartburg in die dunkle Tiefe des einsamen Waldes führte,
trat die unglückliche Markgräfin noch ein letztes Mal an die Betten ihrer
unschuldigen Kinder, dieselben zu segnen. Hier soll sie, von Schmerz über-
mannt, anstatt ihrem ältesten Söhnlein Friedrich einen Abschiedskuß auf den
Mund zu drücken, demselben aus Weh und Verzweiflung in die Wange ge-
bissen haben.
Dieser Sohn ist, von 1307 bis 1324 in stürmischer, für ihn meist
unglücklicher Zeit als Markgraf regierend, unter dem Namen Friedrich
der Gebissene oder auch der Freidige (das heißt „der Kühne“") bekannt.
Sein Vater hatte es dahin gebracht, daß fast nichts mehr den Wettinern
zu Eigen gehörte; und der fortwährende Krieg, sowohl der Wettiner unter-
einander wie mit den beharrlich sich einmischenden Machtfaktoren des deutschen
Königs machte die Länder zur Wüstenei.
Doch versöhnten sich wenigstens die Brüder Friedrich und Diezmann
untereinander. Mit Hilfe ihrer Getreuen bemächtigten sie sich Leipzigs
20) Hin und wieder sind Historiker geneigt, bei dem abscheulichen und fündhaften Be-
nehmen Albrechts gegen seine hohe Gemahlin, einen Milderungsgrund darin zu erblicken,
daß dieser Wettiner vom Papste Innocenz direkt und indirekt gegen Margarethe als die
letzte Tochter des hohenstaufischen Geschlechtes aufgehetzt worden sei, „damit er sich und
sein Haus“ — wie der Statthalter Christi sich ausgedrückt haben soll — „nicht mit
dem verruchten Blute der Hohenstaufen vermische"“. Das Gehässige und allerdings nicht
vom christlichen Geiste versöhnender Liebe und Milde zeugende dieser unbarmherzigen Ver-
folgung eines ganzen Geschlechtes bis auf die unschuldigsten Glieder desselben, fällt auf den
innocenten Papst selbst zurück. Unverzeihlich und eines deutschen Mannes, eines deutschen
Fürsten unwürdig bleibt aber ohne Zweifel, wenn der Markgraf fanatischen Aufhetzungen
gegen eine unschuldige, gegen eine edle, reine Frau, seine Gattin, überhaupt hätte Gehör
schenken können, wenn er — seine Ehre und die seines Hauses vergessend — zum Ehebruch
und noch schlimmerem gelangte. Eine weitere Verschwägerung der Häuser Wettin und
Hohenstausen lag übrigens in der Vermählung der sehr jugendlichen Brigitte, Tochter
Dietrichs von Landsberg, Markgraf Albrechts Bruder, mit dem unglücklichen Konradin.
Und es dürfte noch ungewiß sein (wie auch Böttiger in seiner Geschichte von Sachsen I. 205
sagt), ob dieses letzten Hohenstaufen vom Schafott herabgeworfener Handschuh vom Truchseß
von Waldburg nicht nach Thüringen anstatt nach Aragonien hatte gebracht werden sollen.