Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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gewesen ist, hat denn auch schließlich nachgelassen und die Roheit aus- 
gelassener Horden trat an deren Platz. — Dieselbe Erscheinung, wie sie 
200 Jahre später an den „Glauben rettenden“ Schweden zu beobachten 
gewesen ist. In einer einzigen Schlacht der Hussitenkriege, der bei Aussig 
am 16. August 1426 fiel die Blüte der Meißnisch-Thüringischen Ritterschaft, 
nachdem von derselben Wunder der Tapferkeit vollbracht worden waren, 
die aber gegen die Wut und die Wucht der Böhmen nicht aufkommen 
konnten. 
Weit über zehntausend Landeskinder aus Meißen und Thüringen 
bedeckten als Leichen die blutige Wahlstatt. Und wenn je das Wort des 
Dichters „Ein Schlachten war's, nicht eine Schlacht, zu nennen“ in Ver- 
wirklichung getreten ist, so an jenem grauenvollen Mordtage. Denn die 
mit der Zeit zu Hyänen gewordenen Scharen Prokops, den blinden Ziska 
rächend, hatten ihre Drohung, keinem einzigen Gegner das Leben zu schenken, 
dessen sie habhaft werden könnten, „Gefangene nicht zu machen“, auf den 
Punkt erfüllt. Fünfhundert gekrönte Helme und zwölf Grafen lagen, wie 
der Bericht sagt, unter den Opfern in erster Reihe. Kaspar von Schönberg, 
Herr auf Reinsberg, fiel mit seinen fünf Söhnen auf einer und derselben 
Stelle. Vom Geschlechte der von Köckeritz blieben zwölf Sprossen auf dem 
Felde der Ehre. Ahnliches betraf die Pflugk, die Gersdorff, die Miltitz, 
und keine einzige Meißnische Familie gab es, die nicht in Mitleidenschaft 
gezogen worden wäre. Ein Gleiches gilt von den Thüringern. Vierhundert 
Bürger von Langensalza, Spartaner im edelsten Sinne, lagen hingestreckt 
um das Banner ihrer Stadt — ein Bewunderung einflößender Leichen- 
haufen, und Johann Welzing, Hauptmann der Gothaer, opferte sich umsonst 
auf, die an deren Spitze gefallenen Grafen von Gleichen zu rächen. 
So war das gekrenzte Doppelschwert, das Schildzeichen des Reichs- 
erzmarschalls, sofort bei der Übernahme durch den streitbaren Wettiner von 
rauchendem Blute rot gefärbt, in treuester Pflichterfüllung für Kaiser und 
Reich, im Sinne Sigismunds, des Oberlehnsherrn. 
Naturgemäß brachte die Kurwürde erhöhte Pflichten, aber auch erhöhte 
Rechte. War z. B. die den nunmehr kurfürstlichen Kanzleien zustehende 
Befugnis, mit rotem Wachs zu siegeln, nur eine an sich mehr äußerliche 
Ehrung, so barg doch die mit diesem Rechte verbundene Befreiung der 
kurfürstlichen Rechtssprüche von der um Gutheißung bittenden Vorlegung 
vor das Königsgericht eine tiefe Bedeutung in sich; als eine neue Etappe 
auf dem Wege zur unabhängigen Landeshoheit. Der Name Sachsen — 
von dem Herzogtum überkommen, mit welchem die Kurwürde verbunden 
war — verbreitete sich allmählich über alle Wettinschen Besitzungen, dieselben 
von nun an unter diesem einen Namen zusammenfassend.“5) 
  
36) Daß streng von Rechts wegen der Bevölkerung von Meißen und Thüringen dieser 
ursprünglich an der Nordsee heimische Name „Sachsen“ nicht gebühre, ward schon erwähnt. 
Aber das Recht ist sächsisch.
	        
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