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Wie der Name Sachsen auf die Gebietsteile des Hauses Wettin über—
ging, so nahm hinfort auch das mit dem Schwerterschilde des Erzmarschall-
tums verbundene Wappen der Askanier — der schwarzgoldene Balkenschild
von Ballenstedt (Balkenstedt), belegt vom grünen Rautenkranze — als
sächsisches Wappen den Vorrang vor allen bisher zusammengekommenen
Schilden der Wettiner ein,3) überflügelte also die Landsberger Pfähle (blau
in Gold), den Meißner Löwen (schwarz in Gold) und den Löwen von
Thüringen (rotweiß-gestreift in Blau).
Aber nicht nur Kriegsruhm umgab den streitbaren ersten Kurfürsten
von Sachsen. Mit seinem Bruder Wilhelm zusammen, der inzwischen ge-
storben war, hatte derselbe bereits im Jahre 1409 die Universität zu Leipzig
gegründet, in welcher von Anbeginn der Wettinschen Herrschaft an mit
Freiheiten und Privilegien aller Art begnadeten Stadt durch Dekret Friedrichs
des Ernsthaften 1327 die wendische Sprache abgeschafft war und im amt-
lichen Verkehr nur noch deutsch geredet werden durfte, auch sehr bald in
der gesamten Bürgerschaft nur deutsch gesprochen wurde.“s) Otto von Münster-
berg eröffnete am 4. Dezember 1409 als Rector magnificus die lange Reihe
hochgelehrter und berühmter Männer, an deren schönes Ende gegenwärtig sich
Herr Professor Dr. Wach geschlossen sieht. Der jeweilig regierende Landesherr
aber bekleidet seit nun beinahe einem halben Jahrtausend die Würde eines
Rector magnificentissimus. — Wieder ein Band mehr, welches Fürst und
Volk verbindet. Was Böttiger in seiner Geschichte Sachsens über die Gründung
37) Als im Jahre 1180 Graf Bernhardt von Askanien durch Kaiser Friedrich I. mit
dem Herzogtum (oder in diesem Falle vielleicht treffender gesagt, der „Herzogschaft“) Sachsen
belehnt worden war, hatte derselbe das Stammwappen seines Hauses, nämlich Ballenstedt,
beibehalten. Doch verlieh ihm der Kaiser als ein Abzeichen auf dasselbe den bekannten
grünen „Rautenkranz“. über diesen und daß er möglicherweise mehr im allgemeinen ein
Rutenkranz, das heißt ein Kranz von Zweigen sein und mit der Rauten pflanze direkt
nichts zu tun haben dürfte, habe ich an anderen Orten geschrieben. Das Wappenzeichen
des geächteten und „erledigten“ Herzogs von Sachsen ward dem Ballenstedter nicht beigegeben.
Dasselbe blieb auch ferner bei den Nachkommen Heinrich des Löwen und bildete dann das
Wappen von Braunschweig-Lüneburg.
38) In der Bestätigungsbulle Papst Alexanders für jene, nach Prager und Pariser
Vorbild errichtete Hochschule werden als Vorzüge für dieselbe die Lage in der Stadt Lipzk
gerühmt, eines volkreichen, geräumigen Ortes unter freundlichem Himmel, mit allem Nötigen
von Gott vorzüglich gesegnet und mit Einwohnern, die als besonders artige und wohl-
gesittete Leute bekannt sind. Was den sächsischen Volkscharakter anlangt, so ist durch den
burlesken Gassenhauer „Nicht zu nördlich, nicht zu südlich, Nee, das ist doch zu gemütlich"
die weitbekannte und rühmenswerte sächsische „Gemütlichkeit“ in ein schiefes Licht gesetzt
worden. Würde man anstatt des Wortes „gemütlich“, welches da und dort als eine Art
Umschreibung von „indolent“ in Verruf gekommen ist, den Ausdruck „gemütvoll“ setzen,
so wäre damit der Nagel auf dem Kopfe getroffen. Ungefähr dieselben Betrachtungen lagen
dem Vortrage des Literaten Kirchbach zu Grunde, in welchem letzterer im Februar 1898
über „Sachsens Vorzüge“ im Sachsenverein zu Berlin gesprochen hat, einer unter dem
Protektorate des sächsischen Gesandten Grafen Hohenthal und dem Vorsitze des Schriftstellers
Georg Zimmermann stehende patriotische Vereinigung sächsischer Landeskinder in der großen
Zentrale des gemeinsamen deutschen Vaterlandes.