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bei aller Anerkenntnis der elenden Schändlichkeit seines Tuns, immerhin
nicht gewesen. Möglicherweise hat seine Tat auch einen politischen Hinter—
grund gehabt und der König von Böhmen derselben vielleicht nicht ganz
fern gestanden, in dessen Lande sich die beiden Brüder Vitzthum aufhielten
und Kauffungen das Schloß Eisenberg erworben hatte. 40)
Friedrich des Sanftmütigen (7 1464) Regierung hatte dadurch einen
großen Schritt zur weiteren Entwickelung der landständischen Verfassung
getan, daß an Stelle der bisherigen „Bede“ — das heißt der von Fall zu
Fall jedesmal neu ausgesprochenen Bitte des Landesherrn an Stände und
Untertanen, im Falle der Not und bei besonders zwingenden Umständen,
zur Befriedigung der Staatsbedürfnisse, pflichtmäßig Beihilfe zu gewähren —
außer der Kopfsteuer regelmäßige Abgaben von allen Verbrauchsgegenständen
nach einem bestimmten Satze eingeführt wurden. (Ziese = Accise.) Auch
nahmen von dieser Zeit an die Städte des Landes an den Beratungen
regelmäßig teil.
Friedrichs ältester Sohn, Ernst, der dem Vater in der Kurwürde
folgte und dem daher die mit derselben unzertrennlich verbundenen Gebiets-
teile, das sogenannte Kurland, zugefallen war, regierte von 1464 bis 1486;
zuerst mit seinem Bruder Albert in Gemeinschaft. Neben beiden herrschte
deren Oheim Wilhelm in Weimar, bis nach dessen Tode auch dessen Anteil
ihnen zufiel.
Trotz des entgegengesetzten Beispiels, welches gerade jetzt, nämlich 1473
Kurfürst Albrecht Achilles mit der Dispositia Achillea über die Un-
teilbarkeit der Mark Brandenburg gegeben hatte und entgegen den Gesichts-
punkten der gerade in Bezug auf Teilungsfragen Gutes anregenden goldenen
Bulle, teilten sich in dem verhängnisvollen Vertrag von Leipzig am
26. August 1485 die beiden Brüder in ihr Erbe, wodurch die — seitdem
nie wieder vereinigten — Linien des wettinisch-sächsischen Hauses entstanden:
Die Ernestinische und die Albertinische. Ernst, der Kurfürst, erhielt den
Kurkreis Wittenberg und Thüringen; Albert, der Herzog, bekam Meißen
mit der Hauptstadt Dresden und Nord-Thüringen. Von dem sogenannten
Osterland erhielt ein jeder die Hälfte. So sagte die Bestimmung wenigstens
in großen Zügen. In klarer Voraussicht und in banger Einsicht der nur
zu bald und nur zu empfindlich als richtig sich herausstellenden Befürchtung,
daß schwere, niemals wieder gut zu machende Schäden dem Hause Wettin
und dessen Landen aus einer solchen Teilung erwachsen würden, hatte sich
40) Auch die Aufreizung zu dieser nichtswürdigen Selbsthilfe und Schädigung des
Kurfürsten an dessen eigenem Fleisch und Blut, war von den in Haß beinahe erstickenden
Gebrüdern Apel und Busso von Vitzthum ausgegangen. Gustav Freytag (vom Mittelalter
zur Neuzeit) sagt in Betreff jener Affäre: Als Kunz von Kauffungen, der sich so redlich
gehalten, daß männiglich ihn lieb hatte, wegen seiner Verbindung mit den Vitzthum, dem
Kurfürsten von Sachsen Fehde ankündigte, tat er nichts, was nach der Meinung seiner
Genossen ein Unrecht war; auch die Form der Ankündigung, welche in Sachsen für un-
ehrlich erklärt wurde, war nicht anders als sie in hundert anderen Fällen ungestraft geübt
wurde.