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auf dem Gemälde erscheinen, gelangen sehr richtigerweise erst die Nach—
kommen des Kurfürsten Ernst zur Darstellung, soweit sie Träger der Kur—
würde gewesen sind, bis dieselbe an die Albertinische Linie übergegangen ist.
Sie reiten in einer Gruppe: Friedrich der Weise, Johann der Be—
ständige und Johann Friedrich der Großmütige. Die Namen dieser
Ernestiner sind, wie genugsam bekannt, mit der Geschichte der Reformation
in Deutschland, als deren Förderer und Schirmherren, aufs innigste
verbunden.
Friedrich der Weise, 1486— 1525, Sohn des Kurfürsten Ernst
— hochgebildet, wahrhaft fromm, streng gerecht, von allen Parteien gleich-
mäßig geliebt, verehrt und geachtet — ward zu wiederholten Malen zum
Reichsvikar (Stellvertreter des Kaisers während eines Interregnums) be-
rufen und erhielt nach Maximilians Tode 1519 einmütig die deutsche Kaiser-
krone angeboten, die er indessen, das Vertrauen in sich selbst und in seine
Hausmacht allzu gering ansetzend, ausschlug.
In den Wissenschaften umfassend ausgebildet, den schönen Künsten,
besonders der Musik, mit Begeisterung ergeben, dabei von tief religiösem
Gemüte, konnte es nicht anders sein, als daß Kurfürst Friedrich, der
von hoher Stelle aus wohlwollend das Größte wie das Kleinste im Auge
hatte, einen außerordentlich großen Einfluß auf seine Zeitgenossen ausübte.
Er war außerdem auch in ritterlichen übungen dergestalt bewandert, daß er
mit Maximilian ein Rennen glücklich bestand; er hatte die schönsten und
erhebendsten Sprüche aller Schriftsteller eigenhändig aufgezeichnet und
als Wandschmuck seines Zimmers angebracht, auf daß er allezeit gute
Lehren und trostreiche Mahnungen vor Augen habe. Beinahe als eine
logische Notwendigkeit der Entwickelung muß man es auch bezeichnen, daß
— angesichts der Tatsache, daß Leipzig mit seiner berühmten Hochschule
zum Albertinischen Teil gekommen war — ein so gearteter Fürst wie
Friedrich der Weise, den Wunsch hatte, auch in seinen Landen einen
Mittelpunkt der Gelehrsamkeit zu haben. So entstand die Universität
Wittenberg; durch päpstliche Bulle bestätigt 1502. Der hochherzige Stifter
setzte seinen ehemaligen Lehrer, Dr. Pollich, zum ersten Rektor ein; während
bald Männer wie Martin Luther und Philipp Melanchthon die Lehrstühle
zierten. Auch Mülich und Kemmerlein waren berühmte Kräfte an dieser
Pflanzstätte der Wissenschaft. Friedrichs Sympathie für Luther, den er
übrigens nicht ein einziges Mal persönlich gesprochen hat, beruhte im ersten
Anfang auf einer Art verletzten Fürstenstolzes; über die Zumutung empört,
einen seiner Untertanen, ohne befragt worden zu sein und ohne daß eine
eingehende Untersuchung gegen denselben geführt worden wäre, zu bestrafen
und gefangen nach Rom einliefern zu sollen.42)
42) Auch die späterhin vom Kurfürsten angeordnete Entführung Luthers durch Johann
von Berlepsch und Burkhardt Hund bei Schweina unweit Eisenach in die Sicherheit der Wart-
burg, um dort dem Getriebe der Welt entrückt zu sein, dürfte nicht ganz allein in der Vorsorge
um des kühnen Reformators Leben seinen Grund gehabt haben. Es erscheint übrigens —