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Durch wesentliche Verbesserungen und Erweiterungen der alten Be-
festigung Dresdens erhob Herzog Georg diese seine Residenzstadt zu einer
regelrechten Festung und erbaute an Stelle des alten markgräflichen Burg-
wesens mit seinem engen und festen Charakter einer Ritterburg, das stattliche,
noch heute stehende stolze und weite Fürstenschloß. Die kunstverständige Er-
neuerung desselben wurde mit Hilfe der von den getreuen Ständen des König-
reiches anläßlich des achthundertjährigen Regierungsjubiläums des Hauses
Wettin 1889 dem Herrscherpaare zu diesem Zwecke dargebrachten Gelder durch-
geführt. Sie ist unter Oberleitung des Hausmarschalls von Carlowitz durch
die Hofbaumeister Dunger und Frölich ist im Jahre 1901 zum erfreulichen und
herrlichen Abschluß gelangt. Als eine der jetzt nur noch wenig vorhandenen
architektonischen Überreste aus der ältesten Zeit der mannigfach wechselnden
Geschichte des Dresdner Schlosses dürften die gotischen Dreipaß-Verzierungen
an dem Hofkellereitorbogen gelten können. Das hochkünstlerische, weit berühmte
Portal der alten Schloßkapelle befindet sich jetzt am Schloßeingange des Jüden-
hofes. Das jetzige Hauptportal des Schlosses mit Löwenkopf und Pelikan ist
unter Christian I. geschaffen. Auch der Felsenfestung Königstein schenkte
Herzog Georg eingehende Aufmerksamkeit. Wie Georgenbau und Georgentor
des Schlosses zu Dresden, so sorgt die Georgenburg auf dem Königstein dafür,
den Namen des erlauchten Bauherrn auch durch Außerlichkeiten den späteren
Geschlechtern zu erhalten. Innerlich geschieht dies, und sollte weit mehr
noch geschehen als bisher, durch den ernsten, tiefreligiösen Sinn Georgs,
dessen Frömmigkeit wohl eine wahrhaftere gewesen ist, als diejenige seines
Bruders Heinrich, dessen Beiname mehr oder weniger auf dessen Über-
tritt zum Luthertum dürfte zurückgeführt werden können. Diese Sinnesart
Herzog Georgs gab sich unter anderem auch dadurch kund, daß er, um seinem
Volke täglich und öffentlich ein heilsames memento mori vor Augen zu
stellen, ein in Sandstein ausgeführtes, künstlerisch schönes Relief am Schlosse
(Elbseite des Georgentores) anbringen ließ, welches zeigt, wie dem Tode
alle Menschen jeden Standes und Geschlechtes folgen müssen, sie sich also
zu jeder Stunde bereit halten sollen, diese Gefolgschaft anzutreten. An der
Stadtseite veranschaulichte — in weiterer Ausführung jenes Gedankens —
ein anderes Relief die Überwindung des Todes durch Christus. Dieses
letztere Kunstwerk ist gänzlich abhanden gekommen. 1)
51) Nach dem großen Brande von 1721 wurde das beschädigte Kunstwerk (der Toten-
tanz) abgenommen und an eine Innenwand des Neustädter Kirchhofes überführt. Aber
auch dort hat es dem Schicksale nicht entgehen können, vom Zahne der Zeit mitgenommen
worden zu sein, und jetzt beabsichtigt der sächsische Altertumsverein, in Betätigung seiner
selbstgestellten Aufgabe, für Erhaltung von Kunstdenkmälern zu sorgen, jenen „Totentanz“
an sicherer Stelle unterzubringen. Ahnliche Darstellungen dieses gerade zur Zeit der
Reformation sehr beliebten Motives finden sich außer in Basel noch an verschiedenen anderen
Orten. Eine einzelne Figur des Todes mit Sense und Stundenglas diente, wie allen
einigermaßen alten Dresdnern bekannt sein dürfte, ehemals dem Gutschmidschen Eckhause auf
der Neustädter Seite der Augustusbrücke („Der Tod“ genannt) zum weitbekannten
Abzeichen.