Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Befürchtung ging in Erfüllung; das ganze albertinische Sachsen ward nach 
seinem Tode lutherisch.ꝰ) 
Auf Herzog Heinrich folgte im albertinischen Sachsen dessen am 
21. März 1521 zu Freiberg geborener Sohn Moritz (1541—1553); 
gleich gewandt und erfolgreich als Feldherr wie als Staatsmann — einer 
der hervorragendsten Wettiner. Wie auf so viele bedeutende Männer läßt 
sich auf Moritz von Sachsen Schillers Ausspruch über Wallenstein anwenden: 
„Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt, schwankt sein Charakterbild 
in der Geschichte.“ Bald wird er von den Katholiken als Abtrünniger ge- 
lästert, bald von den Protestanten als Verräter ihrer Sache geschmäht, bald 
wieder in übertriebener Weise als ein Vorläufer Gustav Adolfs gefeiert und 
als Retter des Protestantismus in den Himmel gehoben. Indessen scheint 
trotz der Tatsache, daß der sterbende Held durch seinen Hofprediger Albinus 
das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt, also nach lutherischer Lehre, 
nahm, die Wahrheit insofern in der Mitte zu liegen, daß religiös-konfessionelle 
Fragen ihm während seiner kurzen Lebenslaufbahn ziemlich gleichgültig ge- 
wesen zu sein scheinen. Auch dürfte es wohl der Wahrheit nahe kommen, 
wenn man vermutet, der schäumende Edelmost würde erst dann zur wirklich 
beurteilungsfähigen Abklärung gekommen sein, wenn dem Träger dieses un- 
streitig bedeutenden und großen Geistes nach Erlangung seines ersten 
politischen Zieles eine, wenn man so sagen darf, Gefechtspause, ein ver- 
hältnismäßig ruhiges Dasein vergönnt gewesen wäre. Das war aber nicht 
der Fall; auf blutiger Wahlstatt mußte der Zweiunddreißigjährige seine 
Seele aushauchen. Wer weiß, ob nicht in einem längeren Leben Moritz — 
der bereits zweimal gegen Frankreich im Felde gelegen hatte und doch wohl 
52) Wie mild und dabei klug Luther selbst über die Ausbreitung seiner Lehre gedacht 
hat, von welcher anderseits Männer, wie Kardinal Mathäus Lang von Salzburg und 
Bischof Stadion von Augsburg (nach Zeugnis Sebastian Müllers in dessen sächsischen 
Annalen S. 84) geäußert haben, daß das, was die in Augsburg verlesene Konfession ent- 
halte, „die lautere Wahrheit wäre und könnten sie es nicht leugnen“, „nur dieses sei nicht 
zu leiden, daß ein elender Münch solches alles reformieren wolle“ — erhellt unter anderem 
aus der großen Versöhnlichkeit, mit welcher der große Reformator seine Anhänger er- 
mahnte, nicht zu schroff vorzugehen. So warnt er z. B. in einem Briefe an Herzog 
Johann Friedrich (mitgeteilt in Seckendorffs Geschichte des Luthertums S. 467) davor, 
denen Argernis zu geben, die im Prinzip mit der Kirchenbesserung einverstanden sind. 
Ver z. B. gewohnt sei, das Abendmahl in einer Gestalt zu nehmen und von dieser 
Observanz nicht abgehen wolle, welche schon sehr alt sei, der solle dabei gelassen werden, 
bis er selbst einsieht, daß es in beiderlei Gestalt richtiger sei. Aus Liebe müsse man sich 
nach der Einfältigen Verstand richten, um den schwachen Gewissen kein Argernis zu geben. 
Seine Nachfolger ließen dann gar oft diese Milde fehlen und dürften dadurch wohl manches 
verdorben haben. Es soll nicht feindselig gegen das Werk der Reformation klingen, wenn 
die schon viel beantwortete Frage aufgeworfen wird, ob nicht die vielgerühmte „freie 
Forschung“ eine Art Kuckucksei bedeute. Der durch und durch fromme Luther hatte beim 
Gebrauche derselben sich selbst die Zügel angelegt, deren Anwendung, um das Tempo zu 
mäßigen und ein gefahrvolles Durchgehen zu verhindern, durch Verstand und Klugheit, 
wie nicht minder durch die Liebe zum Heiland und zu den Geboten Gottes erforderlich 
ist. — Wehe, daß man jetzt so häufig diese Zügel schießen läßt.
	        
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