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gestalten zu können, die indirekte Hilfe des Königs von Frankreich, sei es
annehmen, sei es anrufen, jedenfalls sich gefallen lassen müssen und tatsächlich
gingen die lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun dadurch dem
deutschen Reiche verloren. Man wird sich aber wohl ruhig dem Urteile der—
jenigen deutschen Patrioten anschließen können, die obzwar sie jenes Ab—
kommen mit Frankreich nicht nur bedauern, sondern geradezu als eine
Demütigung empfinden — dennoch zu dem Schlusse gelangen: dies sei
immerhin besser gewesen, als daß Deutschland und seine Zukunft an Spanien
ausgeliefert, beziehentlich den Spaniern geopfert worden wäre. über—
haupt mag Kurfürst Moritz, indem er Haupt und Seele der deutschen Be—
wegung war, gar oft mit schwierigen Fragen, sowohl des inneren Ge—
wissens wie der äußeren Verantwortung, zu kämpfen gehabt haben. Und
sehr treffend sagt Kaemmel in seinem „Gang durch die Geschichte Sachsens“:
Es gehörte eine seltene Verbindung von Kaltblütigkeit, Klugheit und Tat-
kraft dazu, um zwischen diesen Klippen nicht nur sich durchzuwinden, sondern
auch zu glänzender Höhe emporzusteigen.
Es ist daher wohl nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, Kurfürst
Moritz (von Balthasar Rysch und Hans von Schleinitz erzogen und von
seiner Mutter Katharina von Mecklenburg geleitet) war nicht nur einer der
bedeutendsten und groß angelegtesten Fürsten des Hauses Wettin, sondern
aller Zeiten und aller Völker. Unstreitig würde derselbe noch Großes voll—
bracht haben, wenn nicht der so frühe Heldentod seinem an Wirken und
Schaffen reichen Leben ein jähes Ende bereitet hätte. Seine Herrscher—
natur zeigte sich nicht nur im Felde, sondern auch in der Verwaltung und
Regierung des Landes, in der gleich großen Fürsorge für Kirche wie
für Staat, besonders aber auch in der Förderung des Unterrichtswesens.
Ist doch dies letztere ein Faktor, dem niemals zu viel Aufmerksamkeit
gewidmet werden kann, denn die Schule liefert das geistige Rüstzeug, wie
das Zeughaus das leibliche.
Kurfürst Moritz ist nicht nur der Begründer des Albertinischen Kur—
staates, sondern auch der kursächsischen Landeskirche.54)
Die von protestantischem und antirömischem Übereifer mehr oder weniger
widerrechtlich eingezogenen und säkularisierten geistlichen Güter wurden
(wenn auch nicht zurückerstattet, so doch nach Möglichkeit den Bestimmungen
ihrer einstigen Stifter wieder näher gebracht) zu Kirchenbesserungen und
Stipendien für Lehrer und Geistliche verwendet. Die Hebung der Schulen
war nicht ohne sehr großen Einfluß auf das Anwachsen der immer berühmter
541) Daß der Landesherr das persönliche Oberhaupt der Landeskirche sei, war durch
Reichsgesetz festgelegt worden. Von der Einsicht und Weitsichtigkeit des Kurfürsten wie
dessen Rates, Georg von Carlowitz, zeugt es, daß nach deren Plane unter dem fürstlichen
Summepiskobat die evangelisch umgestalteten Bistümer als Vermittelungs= und Ober-Instanz
über den Superintendenturen stehen sollten, — was ganz gewiß dazu beigetragen haben würde,
dem ganzen Gefüge mehr Festigkeit und mehr Ansehen zu verleihen. Doch scheiterte dieser
Plan (wenn man Kaemmels Angabe folgt, am Widerstande der Prälaten) und es kamen
nun Juristen in die Konsistorien.