Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 20. Die Gesetzgebung (Legislative). 153 
Im Deutschen Reich erfolgt die Sanktion durch den Bundes- 
rat — an den daher auch jede vom Reichstag selbst unverändert 
angenommene Vorlage wieder zurückgelangen muß (S. 234) —, 
die Promulgation durch den Kaiser (S. 234). 
J. Mit der Ausfertigung übernimmt das Staats- 
haupt (d.h. der gegenzeichnende Minister, S. 92) dem Par- 
lament gegenüber die Verantwortung, daß die verfassungs- 
mäßigen Voraussetzungen für den Erlaß des Gesetzes vor- 
liegen. 
F- Die Ausfertigung gibt auch maßgebend („authentisch“) den 
Gesetzestext wieder. Redaktionsversehen, die bei der Aus- 
fertigung unterlaufen, sind durch erneute Ausfertigung oder 
Berichtigung (und entsprechende Verkündung) zu beseitigen; liegt 
ihr Anlaß aber vor der Ausfertigung, ist also der Gesetzesinhalt 
unrichtig, so muß der Fehler auf dem gesetzmäßigen Wege be- 
seitigt werden, also durch neues Gesetz (L. 1 8 5b). 
3. Die Verkündung. 
a. Gleich der Sanktion gebührt auch die Verkün- 
dung des Gesetzes, d. h. die Veröffentlichung des sank- 
tionierten Gesetzestextes nebst Gesetzesbefehl, der Exekutive. 
8. Die Form der Verkündung bestimmt die 
Staatsverfassung. 
Im alten Deutschen Reich wurden die auf einem Reichstag 
gefaßten und vom Kaiser sanktionierten Gesetze in der Schluß- 
sitzung als Reichsabschied (recessus imperii) zu- 
sammengestellt und verkündet. Der „jüngste“ Reichsabschied (re- 
cessus imperii novissimus, „R J N’) ist der den 
Regensburger Reichstag von 1654 abschließende. Der 1663 wieder 
nach Regensburg berufene Reichstag wurde ein ständiger Ge- 
sandtenkongreß. Eine Verabschiedung fand daher nicht mehr 
statt; die Zonclusa imperii wurden nunmehr einzeln ver- 
kündet. In den Territorien erfolgte die Veröffentlichung der 
Gesetze durch Anschlag, Verlesen von der Kanzel, Insertion in 
den Zeitungen. Heute erfolgt überall in Deutschland die Ver- 
öffentlichung durch amtliche Publikationsorgane (Reichsgesetzblatt, 
S. 235, Preußische Gesetzsammlung, S. 577). Gewisse Gesetze 
und Verordnungen geringer oder lokaler Bedeutung (Privilegien, 
Statuten, Verleihung des Enteignungsrechts usw.) werden in 
Bezirksblättern (in Preußen den Regierungsamtsblättern, S. 577) 
verkündet und dies in den Gesetzessammlungen nur erwähnt (Pr. 
vom 10. April 1872, S. 578). In England werden die Gesetze 
noch heute bei Schluß der Sitzungsperiode in einer Sitzung des 
House of Lords, zu der die Commons geladen werden, durch 
den König einheitlich verkündet. Englische Gesetze werden daher 
nicht nach dem Datum, sondern nach dem Regierungsjahr und 
Kapitel angeführt (z. B. 63 u. 64 Vict. Cap. N — Commonwealth 
#of Australia Constitution, Errichtung des australischen Bundes).
	        
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